Leuthard schlägt Alarm wegen No Billag
«Es gibt keinen Plan B»

Pay-TV, mehr Werbung, Support von den Kantonen: Ideen, wie die SRG nach einem Ja zu No Billag überleben könnte, gibt es genug. Doch keine taugt was, sagt Medienministerin Doris Leuthard.
Publiziert: 11.12.2017 um 23:43 Uhr
|
Aktualisiert: 12.09.2018 um 13:45 Uhr
«Kein Plan B bei Ja zu No Billag»
2:34
Leuthard im Interview:«Kein Plan B bei Ja zu No Billag»
Sermîn Faki, Florian Wicki

Doris Leuthard (54) hat genug vom Warten. Drei Monate bevor die Schweizerinnen und Schweizer über die No-Billag-Initiative entscheiden, eröffnete die Bundespräsidentin gestern den Abstimmungskampf. Eigentlich war dies erst für Anfang Januar geplant. Doch sie habe die Diskussion nicht einfach den Initianten überlassen wollen, so Leuthard.

Schluss mit Information in allen Landessprachen: Bundespräsidentin Doris Leuthard sagt No Billag den Kampf an.
Foto: Keystone

«Es geht um die Existenz der SRG»

Die Medienministerin liess keinen Zweifel daran, dass sie für die SRG zu kämpfen gedenkt. Für eine lebendige direkte Demokratie sei ein vielfältiges Medienangebot unerlässlich. Da Radio und TV sehr kostspielig seien, bräuchten sie staatliche Unterstützung, damit jede Bürgerin und jeder Bürger über alles umfassend informiert sei. Denn ein Markt dafür bestünde nicht.

Man kann noch so gründlich suchen: No Billag bedeutet das Ende der SRG, einen Plan B findet auch Medienministerin Doris Leuthard nicht.
Foto: ANTHONY ANEX

Leuthard wirft sich für die SRG also in die Schlacht. «Es geht nicht um ein bisschen mehr oder weniger SRG», stellte sie klar. «Sondern um ihre Existenz.» Würde die Initiative angenommen, müsse die SRG liquidiert werden. «Der Bund könnte nur noch den Konkurs vorbereiten. Es wäre sozusagen Sterbebegleitung.»

Leuthard sieht also wie die SRG-Spitze «keinen Plan B». Dabei gibt es durchaus Vorschläge, wie das Medienunternehmen ein Ja zu No Billag überleben könnte.

Es geht doch mit Pay-TV!

Nach der Annahme der Initiative würde die SRG so weiterarbeiten wie bisher. Doch statt von Gebühren zu leben, würde sie Abonnemente oder einzelne Sendungen on Demand verkaufen. Das halten zum Beispiel Peter Wanner, Verleger der AZ Medien AG, und Medienjournalist Kurt W. Zimmermann für einen gangbaren Weg.

Leuthard überzeugt das nicht. Denn ein solches Abo könnten sich nicht alle leisten. Leute, die Ergänzungsleistungen beziehen, sind beispielsweise heute von der Billag befreit. Später wären sie faktisch vom Meinungsbildungsprozess ausgeschlossen. Und ob sich noch Anbieter fänden, die Sendungen in Gebärdensprache übersetzen, bezweifelt Leuthard ebenfalls.

Mehr Werbung!

Heute nimmt die SRG 361 Millionen mit Werbespots und Sponsoring ein. Künftig könnte es gemäss den Initianten mehr sein. Denn die Werbe-Einschränkungen, denen der SRG heute unterliegt, würden wegfallen. 

Doch auch das ist gemäss Leuthard zu kurz gedacht. Wer Werbung schalte, wolle möglichst viele Leute erreichen. Das sei nur in Ballungszentren wie dem Raum Zürich der Fall. Regionen wie Uri, Graubünden und das Wallis würden dafür kaum genügend Publikumsmasse zusammenbringen. Und damit würde noch mehr Werbegeld ins Ausland fliessen. 

Dann eben die Kantone!

Die No-Billag-Initianten schlagen seit Neustem ausserdem vor, dass die Kantone die SRG finanzieren könnten. Nur: Erstens verlangt die Initiative, dass Radio und TV weiterhin in Bundeskompetenz liegen. Und zweitens wollen die Kantone diese auch nicht. Für ihn sei es «völlig unrealistisch, dass die Kantone in die Bresche springen», sagt Benedikt Würth, Präsident der Konferenz der kantonalen Regierungen. Bei einem Ja habe das Volk klar gemacht, dass es von staatlicher Medienförderung nichts halte. Hinzu komme, dass das Geld gar nicht vorhanden sei: «Verschiedene Kantone schnüren Sparpakete oder bereiten solche vor.»

Spiel mit dem Feuer

Der «Plan B» klingt gut: Wird No Billag angenommen, müsste die SRG abspecken und sich auf das Wesentliche fokussieren. Sie könnte von Werbeeinnahmen leben und eine freiwillige Gebühr erheben. Private Anbieter würden einspringen. Oder aber das Parlament könnte eine sanfte Umsetzung beschliessen.

Das Problem: «Plan B» wird nicht funktionieren.

Erstens stimmt die Rechnung nicht. Wenn das Programm gekürzt wird, brechen auch die jährlich gut 300 Millionen Franken Werbegelder weg.

Zweitens besteht der Service public darin, dass die SRG wichtige Sendungen in allen Landessprachen produziert. Solche sind auf dem freien Markt nicht finanzierbar. Wären sie es, gäbe es sie längst.

Drittens ist die Initiative glasklar formuliert. Sie lässt keinen Spielraum für eine sanfte Umsetzung.

Wenn am 4. März nur diejenigen Ja stimmen, die wirklich keine SRG mehr wollen: Dann gibt es ein kräftiges Nein. Kommen diejenigen hinzu, die an einen «Plan B» glauben: Dann droht ein Ja.

Und ebenso, wenn zu viele ein Zeichen setzen wollen. Thomas Milic vom Zentrum für Demokratie hat erforscht, wie das bei der Armeeabschaffungs-Initiative war: Ein Drittel der Ja-Stimmen stammten von Bürgern, die die Armee gar nicht abschaffen wollten. Sie meinten zu wissen, dass die Initiative keine Mehrheit finden würde. Also sorgten sie für einen hohen Ja-Anteil, um die Armee zu Reformen zu zwingen.

Ein riskantes Spiel!

Deshalb hat Medienministerin Doris Leuthard recht, wenn sie warnt: «Es geht um die Existenz der SRG.» Bei einem Ja ginge es nicht mehr um die Frage, ob diese oder jene Sendung überlebt. Sondern, ob es für die 6000 Entlassenen einen Sozialplan gibt.

Christian Dorer, Chefredaktor Blick-Gruppe
Christian Dorer, Chefredaktor Blick-Gruppe

Der «Plan B» klingt gut: Wird No Billag angenommen, müsste die SRG abspecken und sich auf das Wesentliche fokussieren. Sie könnte von Werbeeinnahmen leben und eine freiwillige Gebühr erheben. Private Anbieter würden einspringen. Oder aber das Parlament könnte eine sanfte Umsetzung beschliessen.

Das Problem: «Plan B» wird nicht funktionieren.

Erstens stimmt die Rechnung nicht. Wenn das Programm gekürzt wird, brechen auch die jährlich gut 300 Millionen Franken Werbegelder weg.

Zweitens besteht der Service public darin, dass die SRG wichtige Sendungen in allen Landessprachen produziert. Solche sind auf dem freien Markt nicht finanzierbar. Wären sie es, gäbe es sie längst.

Drittens ist die Initiative glasklar formuliert. Sie lässt keinen Spielraum für eine sanfte Umsetzung.

Wenn am 4. März nur diejenigen Ja stimmen, die wirklich keine SRG mehr wollen: Dann gibt es ein kräftiges Nein. Kommen diejenigen hinzu, die an einen «Plan B» glauben: Dann droht ein Ja.

Und ebenso, wenn zu viele ein Zeichen setzen wollen. Thomas Milic vom Zentrum für Demokratie hat erforscht, wie das bei der Armeeabschaffungs-Initiative war: Ein Drittel der Ja-Stimmen stammten von Bürgern, die die Armee gar nicht abschaffen wollten. Sie meinten zu wissen, dass die Initiative keine Mehrheit finden würde. Also sorgten sie für einen hohen Ja-Anteil, um die Armee zu Reformen zu zwingen.

Ein riskantes Spiel!

Deshalb hat Medienministerin Doris Leuthard recht, wenn sie warnt: «Es geht um die Existenz der SRG.» Bei einem Ja ginge es nicht mehr um die Frage, ob diese oder jene Sendung überlebt. Sondern, ob es für die 6000 Entlassenen einen Sozialplan gibt.

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