Bundesgerichtspräsident beleidigt Richterin
«Ich kann sie nicht länger als zwei Sekunden anschauen»

Nach einer Untersuchung von Sexismus- und Mobbingvorwürfen am Bundestrafgericht gerät nun der Präsident des Bundesgerichts selbst unter Beschuss. Er äusserte sich abfällig über eine Richterin.
Publiziert: 10.06.2020 um 18:21 Uhr
|
Aktualisiert: 26.12.2020 um 16:27 Uhr
1/7
Ausgerechnet am Rande von Sexismus-Untersuchungen sind Audio-Aufnahmen von Bundesgerichts-Präsident Ulrich Meyer aufgetaucht, in denen er sich abfällig über eine Richterin äussert.
Foto: Keystone

Seit Monaten kommt das Bundesstrafgericht in Bellinzona wegen Seximus- und Mobbing-Vorwürfen nicht aus den Schlagzeilen. Ausgerechnet am Rande der entsprechenden Untersuchung sind nun im Zuge von Recherchen der «Rundschau» entlarvende Aufnahmen aufgetaucht – und zwar von Gerichtspräsident Ulrich Meyer.

«Ich kann sie keine zwei Sekunden anschauen», lästert er darin über eine abwesende Bundesstrafrichterin. Sie sei «so eine Magersüchtige» und habe einen «giftigen Blick».

Gerichtspräsident entschuldigt sich

Meyer gibt gegenüber der «Rundschau» zu, die Aussagen gemacht zu haben – allerdings nicht der Richterin gegenüber, sondern «im engsten Kreis». Er bedaure die Aussagen und habe für die Kollegin grosse Wertschätzung. «Ich habe sofort Kontakt mit ihr aufgenommen und mehrere gute Gespräche geführt und ihr ein formelles Entschuldigungsschreiben geschickt.»

Meyers Aussagen werfen erneut kein gutes Licht auf Bellinzona. Schon während der im Januar eingeleiteten Untersuchung der Verwaltungskommission des Bundesgerichts kam es zu einem Zwischenfall: Es wurden etliche, teils derbe «Wanted»-Steckbriefe von Mitarbeitenden aufgehängt – vor allem von Frauen. Als Verbrechen: «fertile» (fruchtbar) stand da, und «gambetta» (Beinchen). Oder: «chiacchierona» (Klatschtante), oder «Presidents lover» (Geliebte des Präsidenten). Bei einer Richterin und einem Richter aus dem Tessin: «Not Wanted».

Verantwortlich für die Aktion war der inzwischen pensionierte Bundesstrafrichter Emanuel Hochstrasser. Er rechtfertigt sie heute gegenüber der «Rundschau» mit dem Karneval, sie seien humoristisch gemeint gewesen. (gbl)

Mehr dazu heute Abend in der Rundschau auf SRF 1, 20.05 Uhr.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?