Lange segelte er auf einer Erfolgswelle. Als unangefochtener Sonnyboy unter den Schweizer Strafverfolgern: Bundesanwalt Michael Lauber (53). Der Mann im Massanzug, mit festem Händedruck und einer gewinnenden Art hatte bis vor einem Jahr alles im Griff. Auch Parlament und Bundesstellen.
Als Ende 2018 Vorwürfe aufkamen, er habe sich mit Fifa-Chef Gianni Infantino (49) getroffen, diese Treffen aber nicht protokolliert, nahmen das viele noch auf die leichte Schulter – allen voran Lauber selbst. Noch Ende April, als ihn die Medien bereits kritisierten, konnte man ihm in einem Berner Restaurant unweit seiner Stadtwohnung zuhören, wie er über seine Vergesslichkeit beim Protokollieren witzelte.
Mit dabei in jener geselligen Runde war Matthias Ramsauer, früher Simonetta Sommarugas (59) Generalsekretär im Justizdepartement, seit diesem Jahr in gleicher Funktion im Umwelt- und Verkehrsdepartement. Obwohl die Bundesanwaltschaft unabhängig agieren müsste, zeigte sich an diesem Abend grosse Nähe. Man duzte sich, scherzte und gönnte sich zusammen einige Gläser Rotwein. Über mehrere Tische hörbar wurde Laubers Lohn verhandelt.
Lauber beisst sich an der Aufsicht fest
Keine zwei Wochen später zeigt sich ein anderer Lauber: An einer Pressekonferenz verbeisst sich der Angeschossene an seiner Aufsichtsbehörde AB-BA. Das ist bis heute so. Der einst so Coole denkt nicht daran, bei der Disziplinaruntersuchung gegen ihn zu kooperieren. Im Gegenteil. Wie die AB-BA jetzt bekannt gab, verweigert Lauber die Herausgabe von Akten, die man benötige, um den Vorwürfen gegen den Chefermittler nachzugehen.
Lauber provozierte mit seinen Geheimtreffen und mit dem Aufbäumen gegen die Untersuchung gegen ihn schon eine Vielzahl an Gerichtsverfahren. Das Rebellieren kostet nicht nur Zeit, sondern auch Geld. Weil er in mehreren Fifa-Verfahren in den Ausstand treten muss und diese sich so verzögern, muss die Bundesanwaltschaft (BA) den Angeklagten 22'000 Franken Parteientschädigung zahlen. Hinzu kommen, Stand heute, 2000 Franken Gerichtskosten. Und das stattliche Honorar für Staranwalt Lorenz Erni, der im Auftrag Laubers die Gerichtsoffensive ausficht. Wer ihn am Schluss bezahlt, ist laut BA offen. Möglich, dass dereinst der Steuerzahler blecht.
Aber eben, wenn er will, kann Lauber ganz anders. Tritt er vor Parlamentariern auf, die ihn am 25. September wiederwählen sollen, rudert er zurück, gibt das Opfer einer übereifrigen Aufsicht und einer Medienkampagne. Und ordnet alles dem Projekt Wiederwahl unter.
Wiederwahl oder Untergang?
Mit erstaunlichem Erfolg. Zwar versagte ihm die Gerichtskommission die Unterstützung, dafür hat er den Support der FDP. Auch in der SVP scheinen sich immer mehr Leute auf seine Seite zu schlagen. Manch einem fällt auf, wie emotional diese Personen plötzlich für Lauber weibeln. In diesem Zusammenhang berichten Parlamentarier von «verdächtigen Kontaktaufnahmen». Es sind nicht Laubers angeheuerte PR-Profis selbst, die die Politiker kontaktieren, vielmehr entpuppten sich scheinbar unverdächtige Personen als Aussenbordmotoren der Wiederwahl-Flotte.
So steht Captain Lauber zwar das Wasser bis zum Hals und wetten viele eher auf seine Wiederwahl als auf seinen Untergang. Derweil hat die Bundesanwaltschaft längst leckgeschlagen. In der Gerichtskommission wälzt man gar Pläne, die ganze Behörde abzuschaffen oder, um im Bild zu bleiben: abzuwracken.