Der Tod von Bruno R. (†54) rüttelt die SBB durch. Wie Bahnchef Andreas Meyer (58) an der Medienkonferenz sagte, stecke der tragische Unfall vom 3. August in Baden AG den SBBlern «immer noch in den Knochen».
Doch es geht bei den SBB nicht nur um die emotionale Verarbeitung des Todes eines Mitarbeiters. Es geht auch um die Sicherheit – und darum, diese wieder herzustellen.
512 Mängel entdeckt
384 von insgesamt 493 Wagen des Typs EW IV, in deren Tür Bruno R. eingeklemmt wurde, haben die SBB bereits einer genauen Kontrolle unterzogen. Das Ergebnis ist ein Schock: An den bis jetzt untersuchten 1536 Türen wurden 512 Mängel entdeckt.
Auch wenn der grosse Teil davon «nicht sicherheitsrelevant» sei, musste Meyer zugeben: «Wir waren überrascht, dass es so viele Fehler sind.» Und 66 davon betrafen den Einklemmschutz – in sieben Fällen funktionierte dieser überhaupt nicht. Dennoch, so hielt Meyer fest, bleibe die Eisenbahn das sicherste Verkehrsmittel.
Bund greift durch
Allerdings müssen sich die SBB die Frage gefallen, ob man den Tod von Bruno R. hätte verhindern können, wenn die Wagen besser gewartet worden wären? Nach dem Unfall hatten sich zahlreiche SBB-Mitarbeiter gemeldet und von eigenen Zwischenfällen mit den Türen berichtet.
Aufgeschreckt haben die Mängel auch den Bund. Das Bundesamt für Verkehr (BAV) hat die SBB angewiesen, die Türsteuerung an allen Wagen des EW IV zu ersetzen. Bis Ende Oktober müssen die SBB aufzeigen, wie und bis wann das gemacht wird.
Austausch wird bis zu 30 Millionen Franken kosten
Wie Toni Häne (63), Leiter des Personenverkehrs beim roten Riesen, sagte, seien die SBB dazu bereit. Noch würde abgeklärt, welche Komponenten ersetzt würden. Er rechnet damit, dass im Jahr 2024 alle Türsteuerungen ersetzt seien. Dieser Umbau ist auch mit enormen Kosten verbunden. Häne beziffert diese auf 20 bis 30 Millionen Franken.
Doch auch damit ist die Sache nicht vorbei. Zum einen haben die SBB ihre gesamte Wagenflotte analysiert – und herausgefunden, dass auch die 232 EC- und die 90 IC-Bt4- Wagen über eine ähnliche Türsteuerung verfügen. Auch diese werden nun einer Sonderkontrolle unterzogen. Es würde verwundern, wenn sie nicht ebenfalls ausgetauscht werden müssten.
Externe nehmen SBB unter die Lupe
Zum anderen hat das BAV noch mehr gefordert: Die SBB müssen von einer externen Stelle überprüfen lassen, wie sie mit Störungsmeldungen umgehen und die Instandhaltung des Rollmaterials gewährleisten. Denn laut BAV ist es möglich, dass im Instandhaltungsprozess Lücken bestehen – und zwar nicht nur an den Türen.
Doch die Wagen an sich sind nur ein Problem. Die Schweizerische Sicherheitsuntersuchungsstelle (Sust), die nach schweren Unfällen im öffentlichen Verkehr immer zum Einsatz kommt, hat bei ihrer Untersuchung auch einen weiteren Fehler entdeckt: Die Leuchte, die dem Lokführer signalisiert, dass alle Türen geschlossen sind und er abfahren kann, funktioniert nicht immer zuverlässig.
Das Abfahrts-Ok bekommt er manchmal auch, wenn eine oder mehrere Türen noch nicht geschlossen sind. Auch hier fordert das BAV schnell Nachbesserungen: Ebenfalls bis Ende Oktober müssen die SBB sicherstellen, dass der Lokführer die korrekte Information erhält.
Die BAV-Verfügung basiert auf dem am Mittwoch erschienenen Zwischenbericht der Sust sowie den Ergebnissen der Kontrollen, welche die SBB selber eingeleitet haben.