Die Pardini-Brüder haben den Gewerkschaften ein Ei gelegt: Der grosse Bruder Giorgio hat nicht verhindert, dass der im Herbst abgewählte SP-Nationalrat Corrado Pardini (54) den Posten als Post-Verwaltungsrat bekommt.
Die Freude darüber dürfte sich bei der Postministerin Simonetta Sommaruga (60, SP) in Grenzen halten. Sie musste sich am Freitag wegen eines «Tages-Anzeiger»-Artikels zur Personalie rechtfertigen. Der Artikel warf ihr vor, sie hätte einen Tessiner in den Verwaltungsrat schicken müssen – und den italienisch-schweizerischen Doppelbürger gewählt. Doch darum ging es nicht.
Bei der Post rieb man sich die Augen
Im Post-VR sind zwei Sitze den Gewerkschaften vorbehalten – und die besetzen sie nach eigenem Gutdünken. So hatte der Personalverband Transfair im November 2018 den CEO der Swisspower AG, Ronny Kaufmann, vorgeschlagen.
Bei der Post rieb man sich die Augen, weshalb ein Firmenchef als Personalvertreter amten soll – aber es ist Usus, die Vorschläge der Gewerkschaften durchzuwinken, wenn nicht zwingende Gründe dagegen stehen – beispielsweise ein Strafverfahren. Auch der Bundesrat nickte Kaufmann deshalb ab.
Und nun Pardini. Dass die Gewerkschaft Syndicom, in deren Geschäftsleitung Giorgio Pardini sitzt, dessen Bruder vorschlägt, löste beim gelben Riesen Verwunderung aus. Aber auch hier hatte man nicht die Wahl. Da sich Pardini nichts hat zuschulden kommen lassen, nickte der Bundesrat gestern auch ihn ab.
Pardini hat zwar Gewerkschaftserfahrung – erst in der Gewerkschaft Bau und Industrie, später bei der Unia. Eine Affinität zur Post hat er aber nicht.
Faires Auswahlverfahren
Der Logistik-Sektor der Syndicom, mit dem Giorgio Pardini nichts zu tun hat, führte ein Auswahlverfahren für den VR-Posten durch. Es habe mehrere Bewerber gegeben. Das Wahlgremium habe aus Post-Angestellten bestanden, heisst es aus Gewerkschaftskreisen. Aber weil Giorgio seinen Bruder Corrado Pardini nicht von einer Kandidatur abhielt, haftet an diesem nun der Filz-Vorwurf.
Die beiden Fälle Kaufmann und Pardini werfen ein schlechtes Licht auf die Gewerkschaften. Denn warum etwa hat man nicht eine Frau portiert? Und warum schlug Syndicom nach dem Tod des Neuenburgers Michel Gobet (†65) nicht eine Person aus der lateinischen Schweiz vor?
Auch wenn man der Post zugutehalten kann, dass Konzernchef Roberto Cirillo (48) aus der Südschweiz kommt und sie zuvor mit Susanne Ruoff (62) eine Chefin hatte: Von Gewerkschaften würde man erwarten, dass sie Gleichstellung und Minderheitenförderung nicht nur einfordern, sondern auch vorleben. Und nur schon den Anschein von Vetternwirtschaft gilt es zu verhindern.