Ob Milch, Joghurt oder Käse: Milchprodukte kommen bei vielen täglich auf den Tisch. Ab dem 1. September wird deren Genuss aber teurer. Grund ist ein neues Nachhaltigkeits-Label, das die Schweizer Milchbranche heute im Beisein von SVP-Bundespräsident Ueli Maurer (68) vorgestellt hat.
Die Mehrheit erfüllt bereits den Standard
Der neue Branchenstandard heisst «swissmilk green» und verspricht, dass die Milch nachhaltig produziert wurde – zum Beispiel, was Tierwohl und Fütterung betrifft. Über 40 Organisationen, darunter die grossen Detailhändler, haben sich ihm angeschlossen. Bis in vier Jahren sollen sämtliche Milchprodukte in der Schweiz das Etikett tragen.
Das neue Label ist primär eine Marketingmassnahme der einheimischen Milchbranche, die ihre Produkte so gegenüber der billigen Konkurrenz aus dem Ausland aufwerten will. Für die allermeisten der über 560'000 Kühe im Land ändert sich mit dem neuen Standard derweil nichts.
«90 Prozent aller Kühe in der Schweiz erfüllen die neuen Kriterien bereits jetzt», gibt Hanspeter Kern (65), Präsident der Schweizer Milchproduzenten, zu. Und unter denjenigen Bauern, die etwas ändern müssten, seien viele, die sowieso bald den Betrieb einstellen und für die sich eine Anpassung deshalb nicht mehr lohnt.
Welche Produkte teurer werden, ist noch unklar
Faktisch wird die Milch also nicht grüner – sehr wohl aber teurer. Bauern, die nach dem neuen Standard produzieren, bekommen neu drei Rappen mehr pro Liter Milch. «Der Aufschlag wird auf den Ladenpreis umgelegt», sagt Roland Frefel (61) von Coop, der die Detailhändler in der Branchenorganisation vertritt. «Einige Produkte werden fünf Rappen teurer, andere bleiben gleich.» Welche Produkte genau betroffen sind, kann Frefel zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen.
Kritik auch von Tierschützern
Bei Tier- wie auch Konsumentenschutzorganisationen stösst das neue Label auf Kritik. «Die Milchproduzenten halten mit dem neuen Branchenstandard nur die heutigen Gesetze ein und gehen einen kleinen Schritt in Richtung Verbesserung des Tierwohls», schreibt der WWF in einer Mitteilung. Auch der Schweizer Konsumentenschutz nennt das Label «überflüssig». Wichtige Vorgaben wie der verbindliche Verzicht auf Kraftfutter und vorbeugenden Einsatz von Antibiotika fehlten.
Ganz anders sieht das Bundespräsident Maurer, der schon als kleiner Bub im Stall stand und Kühe melkte. «Der Branchenstandard ist eine Win-Win-Situation. Den Konsumenten wird jetzt hochwertige Milch garantiert, die Bauern bekommen dafür die verdiente und notwendige Lohnerhöhung.»
Was bei den Bauern ankommt, ist fraglich
Ob die Bauern vom höheren Milchpreis am Schluss jedoch wirklich etwas haben, ist fraglich. Die Molkerei Elsa, die zur Migros gehört, hat gerade einmal drei Monate vor Einführung des neuen Standards den Milchpreis genau um drei Rappen gesenkt, berichtete die NZZ. Statt mehr bekommen die Migros-Milchbauern ab 1. September also einfach wieder gleich viel wie vorher.