Pannenzug, Wackelzug, «maximales Desaster»: Das als Prestige-Projekt angedachte neue Zugmodell der SBB hat so manchen Übernamen. Den letzten gab ihm SVP-Verkehrspolitiker Ulrich Giezendanner (65) im Sonntagsblick.
Seit einem Jahr sind die ersten zwölf Kombinationen des kanadischen Herstellers Bombardier im Einsatz. Viel weniger und viel später als geplant: Eigentlich hätten die 59 bestellten Züge bereits seit sechs Jahren durch die Schweiz rollen sollen.
Passagieren im oberen Stock wird schlecht
Und der Bruchteil, den Bombardier seither lieferte, will auch nicht so recht: Es wackelt im oberen Abteil, sodass zwar jedes Baby friedlich schläft – der Pendler jedoch nicht ans Schlafen denken mag. «Es kann nicht sein, dass den Passagieren im oberen Stock schlecht wird», sagte die Präsidentin der Verkehrskommission des Nationalrats Edith Graf-Litscher (54, SP, TG) im Sonntagsblick.
Und sogar die SBB selbst wählten vergangene Woche ungewöhnlich klare Worte: «Wir sind unzufrieden und erwarten, dass die Mängel umgehend behoben werden», verkündeten die Schweizerischen Bundesbahnen – und schob den Schwarzen Peter in Richtung Bombardier.
SBB muss sich erklären
Heute nun stritt die Verkehrskommission des Nationalrats über die Causa Bombardier. Und entschied, dass die SBB sich erklären muss: Bis heute Abend wollen die 24 Mitglieder der Kommission schriftliche Fragen bei den SBB einreichen.
«Schriftlich – so können sie sich nicht so einfach rausreden. Wir haben alle genug Ausreden gehört bis jetzt», sagt Ulrich Giezendanner zu BLICK. Anhand der Antworten wird die Kommission dann entscheiden, ob SBB-Chef Andreas Meyer (57) unter der Bundeshauskuppel antraben muss.
Auffallend: Mit der neuen Verkehrsministerin Simonetta Sommaruga (58) liegt das Dossier Bombardier jetzt auf einem neuen Verhandlungstisch. Und so hofft sogar Ulrich Giezendanner – sonst politisch gar nicht auf Sommarugas Linie – auf die neue Departementsvorsteherin. «Bundesrätin Sommaruga könnte der Glücksfall sein. Sie kann unbelastet das Dossier in die Hand nehmen.»
Die Verkehrskommission schreibt zudem in einer Mitteilung: «Die Kommission zeigt sich äusserst besorgt über die zahlreichen Pannen bei den Fernverkehrsdoppelstockzügen der SBB, welche von der Firma Bombardier geliefert werden.»
Mit dem Fernverkehr-Doppelstockzug FV-Dosto wollten die SBB den Schritt in die Bahn-Zukunft machen. Mittlerweile ist es fast zehn Jahre her, dass die grösste Rollmaterial-Bestellung der SBB-Geschichte ausgeschrieben wurde – und noch immer ist der Pannenzug zu unzuverlässig für den Normalbetrieb.
April 2009
Die SBB geben bekannt, dass sie für 2,1 Milliarden Franken neue Doppelstockzüge für den Fernverkehr kaufen wollen. Es ist die bisher grösste Rollmaterial-Ausschreibung der SBB-Geschichte.
Mai 2010
Der Auftrag für die 59 neuen Doppelstockzüge geht für 1,9 Milliarden an Bombardier. Die Konkurrenz – Stadler Rail aus der Schweiz und Siemens aus Deutschland – schaut in die Röhre.
April 2012
Erste Verzögerung wird bekannt: Statt Ende 2013 sollen die Züge erst 2015 rollen. Hauptgrund: Eine Fehlkonstruktion des Wagenkastens. Hinzu kommt eine Klage von Behindertenorganisationen.
November 2014
Bombardier legt den SBB einen neuen Lieferplan vor. Laut diesem sollen die ersten Züge ab 2017 zum Einsatz kommen. Bis 2020 soll der Lieferrückstand aufgeholt werden. Im Rahmen der Vereinbarung akzeptieren die SBB drei zusätzliche kostenlose Züge als Entschädigung – unter der Bedingung, dass die Qualität der Testzüge die Anforderungen erfüllen.
November 2017
Das Bundesamt für Verkehr (BAV) erteilt den neuen Doppelstockzügen die Betriebsbewilligung. Nach einem Software-Update und der Behebung kleinerer Mängel lägen alle nötigen Nachweise für einen sicheren Betrieb der Züge vor. Die Bewilligung ist jedoch auf ein Jahr befristet, da noch nicht alle geplanten Funktionalitäten der Fahrzeuge betriebsbereit seien.
Januar 2018
Behindertenverbände wehren sich vor dem Bundesverwaltungsgericht gegen die provisorische Betriebsbewilligung.
Januar 2019
Die Züge sind noch immer nicht zuverlässig. Die SBB beschweren sich öffentlich über den Hersteller Bombardier und verzichten bis auf weiteres auf den Einsatz der Züge im Fernverkehr zwischen St. Gallen und Genf. Zudem ziehen die Behindertenverbände ihre Beschwerde, die vom Bundesverwaltungsgericht abgelehnt wurde, ans Bundesgericht weiter.
Mit dem Fernverkehr-Doppelstockzug FV-Dosto wollten die SBB den Schritt in die Bahn-Zukunft machen. Mittlerweile ist es fast zehn Jahre her, dass die grösste Rollmaterial-Bestellung der SBB-Geschichte ausgeschrieben wurde – und noch immer ist der Pannenzug zu unzuverlässig für den Normalbetrieb.
April 2009
Die SBB geben bekannt, dass sie für 2,1 Milliarden Franken neue Doppelstockzüge für den Fernverkehr kaufen wollen. Es ist die bisher grösste Rollmaterial-Ausschreibung der SBB-Geschichte.
Mai 2010
Der Auftrag für die 59 neuen Doppelstockzüge geht für 1,9 Milliarden an Bombardier. Die Konkurrenz – Stadler Rail aus der Schweiz und Siemens aus Deutschland – schaut in die Röhre.
April 2012
Erste Verzögerung wird bekannt: Statt Ende 2013 sollen die Züge erst 2015 rollen. Hauptgrund: Eine Fehlkonstruktion des Wagenkastens. Hinzu kommt eine Klage von Behindertenorganisationen.
November 2014
Bombardier legt den SBB einen neuen Lieferplan vor. Laut diesem sollen die ersten Züge ab 2017 zum Einsatz kommen. Bis 2020 soll der Lieferrückstand aufgeholt werden. Im Rahmen der Vereinbarung akzeptieren die SBB drei zusätzliche kostenlose Züge als Entschädigung – unter der Bedingung, dass die Qualität der Testzüge die Anforderungen erfüllen.
November 2017
Das Bundesamt für Verkehr (BAV) erteilt den neuen Doppelstockzügen die Betriebsbewilligung. Nach einem Software-Update und der Behebung kleinerer Mängel lägen alle nötigen Nachweise für einen sicheren Betrieb der Züge vor. Die Bewilligung ist jedoch auf ein Jahr befristet, da noch nicht alle geplanten Funktionalitäten der Fahrzeuge betriebsbereit seien.
Januar 2018
Behindertenverbände wehren sich vor dem Bundesverwaltungsgericht gegen die provisorische Betriebsbewilligung.
Januar 2019
Die Züge sind noch immer nicht zuverlässig. Die SBB beschweren sich öffentlich über den Hersteller Bombardier und verzichten bis auf weiteres auf den Einsatz der Züge im Fernverkehr zwischen St. Gallen und Genf. Zudem ziehen die Behindertenverbände ihre Beschwerde, die vom Bundesverwaltungsgericht abgelehnt wurde, ans Bundesgericht weiter.