Eine einzige Stimme hat gefehlt. Mit einer Stimme Unterschied hat der Ständerat die Grenzwerte für Handy-Antennen nicht gelockert. Die Folgen dieses Negativ-Votums: Weil wir die Entwicklung neuer Technologien verhindern, droht der digitale Kollaps.
Die Schweiz bleibt nun auf einer Verordnung sitzen, die für nichtionisierende Strahlung zehn Mal tiefere Grenzwerte vorsieht als die EU. So ersticken wir das gesamte Potenzial der 5G-Technologie im Keim. Mit der Einstellung des Ständerats hätten wir niemals ein Telefonnetz für die heutigen Smartphones aufbauen können. Wir wären noch immer ein digitales Drittweltland. Dabei sieht sich doch gerade die Schweiz als Speerspitze der digitalen Transformation und der modernsten Informationstechnologie.
Nur schon mit einer Halbierung der aktuellen Norm hätte die Schweiz weiter ihren Weg in die digitale Zukunft beschreiten können – und die Grenzwerte wären noch immer fünf Mal strenger gewesen als jene der EU. So aber empfangen weiterhin die Bewohner der Grenzkantone – zum Beispiel von Genf mit seiner 100 Kilometer langen Grenze zu Frankreich – die Netze der Nachbarländer besser als die unsrigen. Diese Menschen sind der ausländischen Strahlenbelastung also stärker ausgesetzt als der schweizerischen. Deshalb liegen auch jene völlig falsch, die im vorliegenden Fall mit dem sogenannten Vorsorgeprinzip argumentieren und die Strahlung so weit einschränken wollen, wie es nur geht.
Mit dieser Logik hätte man aber auch Nein zum Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrs-Fonds (NAF) sagen müssen – mit dem Argument, dieser schaffe mehr Verkehr und belaste dadurch die Umwelt. Die Wichtigkeit einer anderen Verkehrsachse, nämlich unserer Datenautobahn, verkennt der Ständerat indes völlig. Ein modernes Telekomnetz ist existenziell, damit wir auch in Zukunft unsere wichtigste Ressource anzapfen können: die grauen Zellen. Es ist schade, wenn die Schweiz nun weniger innovativ wird und weniger Talente anlockt.
Pierre Maudet (40) ist Sicherheits- und Wirtschaftsminister des Kantons Genf. Der FDP-Politiker ist verheiratet und Vater von drei Kindern. Er schreibt jeden zweiten Mittwoch im BLICK.