Dieses Wochenende schafft die SVP-Spitze Klarheit. An ihrer jährlichen Kadertagung im Vier-Stern Hotel Bad Horn in Horn TG wird sie eingrenzen, wer Nachfolger von Parteipräsident Albert Rösti (52) werden soll.
Am Freitag legt der neunköpfige Parteileitungsausschuss das Anforderungsprofil für die Kandidaten fest: Was muss der Neue können, was muss er leisten?
Wer wagt sich ins Rennen?
Je nachdem, wie die Antwort darauf ausfällt, werden sich die Interessierten entscheiden, ob sie antreten oder nicht. Kronfavoriten sind der Schwyzer Landwirt Marcel Dettling (38) und der Zürcher Banker Thomas Matter (53). Der St. Galler Metzger Mike Egger (27) hat sich gemäss CH Media aus dem Rennen genommen. Offen ist, ob das im SonntagsBlick angekündigte Interesse des Wallisers Franz Ruppen (48) ernsthaft ist und ob die Baselbieterin Sandra Sollberger (46) erste Präsidentin der SVP werden will.
Das wird auch davon abhängen, wie das Anforderungsprofil aussieht. Sechs Eigenschaften sind unerlässlich:
- Der Stil des netten Albert Röstis gehört der Vergangenheit an. Das Experiment «hart in der Sache, anständig im Ton» ist gescheitert. Röstis Nachfolger wird wieder mehr provozieren müssen – so wie seine Vorgänger Toni Brunner (45) und Ueli Maurer (69) das taten. Allerdings: Ein richtiger Scharfmacher fehlt bei den möglichen Nachfolgern.
- Auch wenn sich in der SVP-Elite vermehrt Akademiker tummeln: Der Präsident muss Beizentauglich sein. Dort ankommen, wo die SVP ihre Wähler hat – auf dem Land, in den kleineren Gemeinden, bei den Büezern, Bauern und Rentnern. Hier hätten sicher Malermeisterin Sollberger und Landwirt Dettling Vorteile.
- Der Neue muss begeistern können – bei den letzten Wahlen sind viele SVP-Sympathisanten den Urnen ferngeblieben. Auch mit Initiativen und Referenden tut sich die grösste Partei des Landes schwer. Die SVP muss ihre Leute wieder mobilisieren – sonst verpuffen die politischen Forderungen.
- Gleichzeitig braucht die SVP einen Strategen an der Spitze – einen, der mit anderen Parteien dealen und sie gleichzeitig vor sich hertreiben kann. Das ist Rösti zu wenig gelungen – im Bundeshaus gab mehr und mehr Fraktionschef Thomas Aeschi (40) den Ton an.
- Das heisst auch: Der neue Präsident muss Lust an der Macht haben. Nicht nur, um sich als Leitwolf durchzusetzen, sondern auch, um die Kantonalparteien auf Linie zu bringen.
- Französisch-Kenntnisse sind mehr als nur von Vorteil. Um die stockende Eroberung der Romandie voranzutreiben, ist der neue SVP-Chef am besten bilingue.
Ein Knochenjob für Gotteslohn
Doch Leutseligkeit und Durchsetzungskraft reichen nicht. Der neue muss extrem leistungsbereit sein. Denn das Parteipräsidium ist ein Knochenjob im 120-Prozent-Pensum. Auch daher haben alle anderen Parteipräsidenten von Obergenosse Christian Levrat (49) bis hin zu FDP-Chefin Petra Gössi (43) eigentlich keinen Job nebenbei.
Das ist ein Problem für die meisten der Papabili: Dettling führt nicht nur den eigenen Hof, sondern ist auch dreifacher Vater, der seine Kinder «hin und wieder» gern sehen würde, wie er sagt. Matter wiederum hätte kaum noch Zeit, seine Bank zu führen, Sollberger müsste ihr Malergeschäft wohl in andere Hände geben.
Zudem muss man reisefreudig sein: Albert Rösti selbst sieht für seinen Nachfolger viel Arbeit in den Kantonen. «Ein zukünftiger Parteipräsident muss da noch mehr Zeit investieren» und «mit harter Hand» durchgreifen, so Rösti. Und das alles quasi für Gotteslohn: Ein Gehalt bekommt der SVP-Chef nämlich nicht. Lediglich Spesen und Auslagen werden vergütet.
Fällt im Bad Horn schon der Entscheid?
Wer wird sich das antun? Die nächsten Tage werden es zeigen: Entweder wird die Kadertagung im Bad Horn einen klaren Kandidaten küren – wie das vor vier Jahren bei Rösti selbst der Fall war. Oder das Feld wird sich lichten. Aus mehr als zwei Kandidaten werden die SVP-Delegierten am 28.März kaum auswählen können.