Die Berner Krawalle sorgen für hitzige Debatten. So lancierte SVP-Nationalrätin Natalie Rickli (ZH) gestern im «SonnTalk» auf Tele Züri einen provokativen Vorschlag: «Vielleicht sollten die Polizisten mal den Einsatz verweigern und die Chaoten durch die Stadt ziehen lassen.» Wenn Bern in Schutt und Asche liege, wachten möglicherweise auch die Linken und Grünen auf, befand sie.
Bern brauche keinen Weckruf
Ricklis Aufruf zur Befehlsverweigerung sorgt bei Berner Politikern für Empörung. «Ich staune sehr, dass Frau Rickli in Bern die gewalttätige Eskalation anheizen will», sagt die Grünen-Präsidentin und frühere Gemeinderätin Regula Rytz.
In Bern brauche niemand einen Weckruf. «Wir verurteilen Gewalt und Macho-Provokationen», betont Rytz – und setzt mit einem Seitenhieb nach: «Frau Rickli kann deshalb ihre Energie voll dafür einsetzen, die Teilnahme von rechtsradikalen Pnos-Mitgliedern an der SVP-MEI-Demo auf dem Bundesplatz zu verhindern.»
«Purer Zynismus»
Auch SP-Nationalrat Matthias Aebischer ärgert sich über Ricklis Vorschlag: «Das ist purer Zynismus und völlig unangebracht.» Für ihn ist klar: «Ich verabscheue und verurteile jegliche Gewalt gegen die Polizei vehement. Es gibt auch in Bern keinen Politiker, der so etwas gutheissen würde.»
Wegen der Chaoten dürfe man aber nicht alle Demonstranten in den gleichen Topf werfen. «Es gibt auch jene, die sich friedlich für bezahlbaren Wohnraum und legale Zwischennutzungen engagieren. Mit diesen muss man sich an den Tisch setzen.»
«Völlig unsinnig – und wirkungslos»
Doch auch auf bürgerlicher Seite findet man Ricklis Aufruf daneben. «Das ist völlig unsinnig – und auch als Strategie absolut wirkungslos», sagt FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen. Bern habe schon früher die sogenannte Deeskalationsstrategie angewendet, bei welcher die Polizei erst bei Sachschäden eingreift. «Das funktioniert nicht», sagt Wasserfallen.
In einem Punkt gibt er Rickli aber recht: «Die rot-grüne Regierung hat sich die Probleme selbst über Jahre herangezüchtet, indem die Reitschule-Betreiber mit Samthandschuhen angefasst werden.» Das sei ein totales Versagen der Rot-Grünen in der Stadt Bern und eine Bankrotterklärung.
Ein Dialog bringe nichts mehr, Wasserfallen plädiert für eine harte Linie: «Es braucht nun klare Ansagen. Werden diese nicht eingehalten, müssen Konsequenzen folgen – von der Streichung von Subventionen bis hin zur Schliessung der Reitschule.»
«Befehlsverweigerung nicht zielführend»
Selbst SVP-Nationalrat Erich Hess mag sich nicht hinter seine Parteikollegin stellen. «Für Ricklis Aussagen habe ich ein gewisses Verständnis», sagt er zwar, aber: «Dennoch wäre eine Befehlsverweigerung nicht zielführend. Die Polizei soll diese linken Terroristen einkreisen und festnehmen.»
Einig geht Hess mit Rickli in der Schuldfrage: «Die Linken und Grünen sind schuld daran, dass diese linken Terroristen ungehindert Menschen verletzen und Sachbeschädigungen anrichten können.»
Sie hätten die Reithalle bis heute immer geschützt und die Angreifer gewähren lassen. «Die schweren Ausschreitungen vom Wochenende sind nur die Folge dieser missratenen Politik.»
Für Hess gibt es nur eine Lösung: die von ihm mitlancierte kantonale Volksinitiative «Keine Steuergelder für die Berner Reithalle», welche die Schliessung der Reithalle zum Ziel hat. «Nur so wird der Stadt Bern der nötige Druck aufgesetzt, damit die Gewaltexzesse endlich ein Ende finden.»