Jetzt ist klar, wie Landwirtschaftsminister Guy Parmelin (60) die beiden Pestizid-Initiativen bodigen will: Mit der Agrarpolitik 2022+ soll die Schweizer Landwirtschaft ihren ökologischen Fussabdruck reduzieren. Dazu gehört auch ein Massnahmenpaket als Alternative zur Trinkwasser-Initiative. Der Einsatz von Pflanzenschutz- wie auch Düngemitteln soll sinken.
Vorgesehen ist ein verbindlicher Absenkpfad für Stickstoff- und Phosporüberschüsse, um die Überdünung zu vermindern. Bis 2025 sollen diese um 10 Prozent, bis 2030 um 20 Prozent reduziert werden. Ausserdem ist eine Senkung der maximal erlaubten Hofdüngerausbringung vorgesehen. Das heisst: Tierintensive Betriebe müssen entweder einen Teil der Gülle an andere Höfe weitergeben oder ihren Tierbestand abbauen.
Pestizid-Risiken halbieren
Beim Pestizideinsatz hingegen hat sich der Bundesrat mit einem nationalen Aktionsplan bereits eine Halbierung des Risikos durch Pflanzenschutzmittel zum Ziel gesetzt. Doch einen gesetzlichen Absenkpfad hat er nicht vorgesehen. Diesbezüglich hat die Wirtschaftskommission des Ständerats das Zepter in die Hand genommen.
Sie fordert eine verbindliche Halbierung der Pestizidrisiken für Oberflächengewässer, naturnahe Lebensräume und für als Trinkwasser genutztes Grundwasser bis 2027. Soeben hat die Kommission die Vernehmlassung dazu eröffnet. Der Bundesrat stellt sich hinter die Stossrichtung und zeigt sich offen, die beiden Vorlagen zusammen zu beraten und allenfalls zusammenzuführen.
Allerdings sieht auch die bundesrätliche Agrarvorlage bereits gewisse Massnahmen vor, um den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln weiter zu reduzieren. Wer im Rahmen des ökologischen Leistungsausweises Direktzahlungen erhält – und das sind praktisch alle Bauern – soll auf Pflanzenschutzmittel mit erhöhtem Risiko verzichten, ausser es gibt keine Alternative dazu. Zudem soll der Umstieg auf alternative Pflanzenschutzmethoden gefördert werden.
Umweltschützern dürften Parmelins Pläne aber bei weitem nicht ausreichen: Der vorgesehene Absenkpfad sei viel zu lasch, kritisierte der WWF. Die geplante Reduktion reiche bei weitem nicht aus, um das durch die Überdüngung verursachte «massive Artensterben» aufzuhalten. Das Ziel, den Pestizid-Initiativen damit den Wind aus den Segeln zu nehmen, wird damit kaum erreicht.
14 Milliarden Franken für vier Jahre
Doch nicht nur die Pestizid-Problematik treibt die Landwirtschaft um. Die Agrarpolitik 2022+ umfasst viele weitere Bereiche. So soll auch das Tierwohl weiter gefördert werden. Ebenso sind Massnahmen in der Marktförderung vorgesehen.
Auch der Gesamtbetrag für die Direktzahlungen im Zeitraum von 2022 bis 2025 wird festgelegt: 13,8 Milliarden Franken sind dafür vorgesehen. Fast 100 Millionen Franken weniger als in der laufenden Periode. Die Direktzahlungen für Höfe, die derzeit über 150'000 Franken erhalten, sollen zudem schrittweise reduziert werden.