Seit über drei Jahren sitzt Barbara Keller-Inhelder (49) für die SVP im Nationalrat. Genauso lange schweigt sie. Kein einziges Mal ist die St. Galler Politikerin aus Rapperswil-Jona seit ihrer Wahl in die grosse Kammer ans Rednerpult getreten, um für ein Geschäft zu weibeln. Und das, obwohl sie an jedem einzelnen Sessionstag im Saal sass. Das berichtete gestern «19h30», das welsche Pendant zur «Tagesschau».
«Das ist ein bewusster Entscheid», sagt Keller-Inhelder zu RTS. Im Rat zu sprechen, bringe nämlich gar nichts. Trete man ans Rednerpult, sei der Entscheid bei den Zuhörern schon längst gefällt. «Jeden Morgen um 8 Uhr wird einem das Protokoll auf den Tisch gelegt, in dem steht, was man wählen muss und warum.» Die Voten im Rat seien deshalb nicht mehr als eine «theatralische Show». Sie rede deshalb mit ihren Kollegen lieber bilateral.
Das sind die grössten Schwafli
Eine Show, die einige Kollegen Keller-Inhelders geniessen. Die drei grössten Schwafli im Parlament sind laut RTS-Auswertung Männer: Karl Vogler (CSP/OW) sprach in der laufenden Legislatur bereits über achteinhalb Stunden, Balthasar Glättli (Grüne/ZH) und Beat Flach (GLP/AG) nicht viel weniger. Auf Platz 4 folgt mit Lisa Mazzone (Grüne/GE) die erste Frau (etwa sechseinhalb Stunden).
Der Sender hat verglichen, wie sich die Redezeiten von Frauen und Männern unterscheiden. Dabei zeigt sich: Die SP hat die Nase vorn, geht es um Gleichberechtigung am Rednerpult. Während SP-Nationalräte im Durchschnitt 159 Minuten sprachen, ist es bei den Frauen mit 148 Minuten nur leicht weniger. Aber auch in der Partei von Schweige-Politikerin Keller-Inhelder reden Männer den Frauen nicht den Rang ab: SVP-Nationalrätinnen sprachen durchschnittlich 79 Minuten, Nationalräte 91.
BDP-Frauen am redseligsten
Bei den Grünen sind es 242 (Männer) zu 204 Minuten (Frauen) und bei der CVP 176 zu 134. Am unausgeglichensten ist das Verhältnis bei den Grünliberalen: Hier kamen die Männer mit 314 Minuten fast doppelt so häufig zu Wort wie die Frauen (164). Nicht viel besser sieht es bei der FDP aus. Bei den Liberalen steht es 147 Minuten (Männer) zu 95 (Frauen).
Und was ist mit der BDP? Sie ist die einzige Partei, bei der die Frauen mehr sprechen als die Männer – und zwar deutlich. Auf 195 Minuten aus dem Mund der BDP-Frauen kommen nur 121 Männer-Minuten. (lha)