Das Thema erhitzt seit dem gewaltsamen Tod von George Floyd (†46) in Minneapolis (USA) die Gemüter, immer mehr «Black Lives Matter»-Proteste finden rund um den Erdball statt. Am Freitagabend wurde in der «Arena» über das Thema Rassismus diskutiert. Das Motto der Diskussionsshow: «Jetzt reden Schwarze». Dass dabei aber in der vorderen Diskussionsreihe drei von vier Protagonisten weiss sind, stiess schon vor der Sendung vielen sauer auf.
In der Diskussionsrunde wird am Anfang dann auch nicht über die Thematik Rassismus debattiert, sondern über die Zusammensetzung der Sendung. Dass mit Nationalrätin Andrea Geissbühler (43) und Gabriella Binkert (59), Val Müstair, zwei SVP-Exponenten dabei sind, stösst Juso-Mitglied Angela Addo sauer auf. «Sie haben mir das verheimlicht», sagt sie an Moderator Sandro Brotz (50) gerichtet. Die Mitorganisatorin der Schweizer «Black Lives Matter»-Kundgebungen fühlt sich als Schwarze in der Minderheit und hätte es sich zweimal überlegt, überhaupt an der Sendung teilzunehmen.
Komiker Kiko (35) springt Brotz zur Seite. «Das ist jetzt also nicht gerecht. Es wurden ja viele Schwarze eingeladen, und sie haben halt abgesagt.» Addo erwidert: «Wenn man schon das Motto hat, ‹Jetzt reden die Schwarzen›, dann sollten sie auch hier sein.» Viele Schwarze seien wegen der Zusammenstellung nicht gekommen, so Addo mit Blick auf die SVPler. Da platzt Nationalrätin Geissbühler der Kragen. Immer wieder werde ihre Partei des Rassismus bezichtigt und somit ausgegrenzt. «Ich kenne keinen einzigen SVPler, der rassistisch ist», stellt sie klar.
Auch SP-Nationalrätin Samira Marti (26) findet die Zusammenstellung bedenklich. «Hier vorne stehen drei weisse Menschen ohne Rassismus-Erfahrungen.» James Foley, der Vertreter der US-Republikaner in der Schweiz, wird gar aufgefordert, in die zweite Reihe zu treten. Doch der Trump-Fan bleibt und verteidigt in der Folge immer wieder seinen US-Präsidenten.
«Die Leute sind doch nur noch verwirrter»
Mehrmals steht die Sendung am Scheideweg. So zum Beispiel, als SP-Marti zu bedenken gibt, dass man die Sendung «auch abbrechen» könne. Sie ist frustriert, weil ihre Diskussionspartner in der Schweiz kein Rassismus-Problem ausmachen können. Auch Komiker Kiko weiss gegen Ende nicht mehr weiter. «Ich überlege mir, was diese Sendung gebracht hat, wenn wir hier rauslaufen. Die Leute sind doch nur noch verwirrter.»
Moderator Brotz versucht zu Beginn noch, seine Gäste zu beruhigen. Man werde die Zusammenstellung im Verlauf der Sendung verändern, verspricht er. Tatsächlich: In den letzten 15 Minuten dürfen die dunkelhäutigen Addo und Binkert nach vorne kommen, Geissbühler und Marti müssen in der zweiten Reihe Platz nehmen. Doch Fahrt auf nimmt die Sendung auch so nicht.
«Es war eine richtige Scheiss-Sendung»
Auf Social Media kriegt die «Arena» ihr Fett weg. Künstlerin und Aktivistin Brandy Butler (40), die sich schon vor der Sendung kritisch geäussert hatte, schreibt auf Twitter: «Selten in meinem Leben habe ich ein so voreingenommenes, unausgewogenes, beleidigendes Panel im nationalen öffentlichen Fernsehen gesehen. Es war eine richtige Scheiss-Sendung. Vielleicht hat diese Sendung die Schwarzen tatsächlich zurückgeworfen. Ich bin mehr als enttäuscht von SRF, dass sie die Kontroverse der eigentlichen Diskussion vorgezogen haben.»
Ein anderer Nutzer schreibt: «Sorry, Herr Sandro Brotz, ich musste die Sendung abbrechen. Eins der wenigen Male, bei der mich das Thema interessierte. Die weissen, rechtsgewandten Gäste gingen mir sowas von auf den Sack.» Oder: «Je länger die Sendung ging, desto katastrophaler wurde sie und die Zusammenfassung war schon fast Rassismus!»
Butler hätte sich ein rein schwarzes Panel gewünscht
Vor der Ausstrahlung am Freitagabend postete Aktivistin Butler auf ihrem Instagram-Profil ein Bild mit der Aufschrift «Wir unterstützen die heutige Arena nicht.» Gegenüber BLICK präzisierte sie ihre Aussage: «Das Panel passt nicht zum Titel der Sendung. Unter den vier Haupt-Diskussionsteilnehmern sind drei weisse Menschen, eine ist SVP-Nationalrätin, einer ist Republikaner und hat Trump gewählt. Der einzige Schwarze in der Runde ist ein Komiker.»
Schon bei der Diskussion «Club» vom vergangenen Dienstagabend habe Butler gesehen, was passiert, wenn Schwarze in Diskussionen um Rassismus in der Minderheit sind. «Sie mussten ständig ihre Erfahrungen mit Rassismus verteidigen. Es weiss aber niemand besser wie es ist, schwarz zu sein, als Schwarze selbst.»
Für den Freitagabend hätte sie sich ein rein schwarzes Diskussionspanel von SRF gewünscht, besonders im Hinblick auf den Titel der Sendung. «Auch dort gibt es verschiedene Meinungen. Es ist nicht so, als gäbe es hier kein Diskussionsspektrum.» Deshalb verstehe sie, dass viele Bekannte von ihr, der Einladung in die Arena nicht gefolgt sind – genauso wie sie zuvor im «Club». «Die Menschen, die ich kenne, haben keine Lust, mit der SVP über die eigenen Grundrechte zu diskutieren. Es steht ja ausser Frage, dass Rassismus existiert. Vielmehr sollte diskutiert werden, was man dagegen tun kann.»
Derselben Meinung ist die linke Aktivistin Anna Rosenwasser (30). «Wenn die Sendung mit diesem Titel angepriesen wird, erwarte ich eine andere Diskussionsrunde», meint sie. «Wir müssen schwarzen Menschen zuhören und eine Plattform geben, um zu verstehen, was sie tagtäglich erleben», sagt sie. «Schliesslich bestimmen nicht wir Weissen, was rassistisch ist. Genauso wie kein Heterosexueller darüber urteilen kann, was homophob ist und was nicht.»
Sandro Brotz sieht kein Problem
Zur hitzigen Diskussion meint «Arena»-Moderator Sandro Brotz auf Twitter schlicht: «In die Sendung sind drei Schwarze eingeladen. Hinzu kommen zugeschaltet Manuel Akanji und ein weiterer Schwarzer. Es ist nicht so, dass 3 der 4 geladenen Gäste weiss sind. Als Moderator garantiere ich für eine faire Debatte.» Im Nachgang an die Sendung meldet er sich nochmals zu Wort: «Leute, ich sage dennoch Danke für die geballte Ladung an Feedback.»