Apps sparen Millionen und machen Kontrollen einfacher
Städte schaffen Parkuhren ab

Parkuhren prägen das Schweizer Stadtbild seit Jahrzehnten. Damit könnte es bald vorbei sein. Mit Apps können Städte Kosten sparen, Polizisten einfacher kontrollieren und Bürger das Münz zu Hause lassen. Diverse Städte testen deshalb eine Zukunft ohne Parkuhren.
Publiziert: 24.02.2019 um 23:12 Uhr
|
Aktualisiert: 25.02.2019 um 17:25 Uhr
1/8
Seit Jahrzehnten prägen sie das Stadtbild in der Schweiz mit: Parkuhren.
Foto: Blick
Fabian Vogt

Parkuhren gehörten bisher ins Schweizer Stadt- und Dorfbild wie Zebrastreifen oder Strassenarbeiter. Rund 125 Millionen Franken Parkgebühren nehmen öffentliche Verwaltungen jährlich ein, dabei sind weder Bussen noch die privaten Parkhäuser von Migros, SBB & Co. eingerechnet.

Doch nun gibt es Pläne, die Parkuhren abzuschaffen. In Grenchen SO etwa wurde in den vergangenen zwei Jahren jede zweite Parkuhr abmontiert. «Das ist ein Produkt, das seinem Ende entgegenschauen muss», sagt Christian Ambühl, Kommandant der Stadtpolizei Grenchen.

Apps übernehmen

Seine Alternative: Apps. Parkierende müssen nicht mehr zu einer Parkuhr laufen, passendes Münz dabeihaben, ein Ticket lösen, wieder zum Auto zurücklaufen und das Ticket hinter der Windschutzscheibe platzieren, sondern können bei Ankunft auf dem Parkplatz einfach mittels einer App einchecken, ihre Dinge erledigen und beim Verlassen des Parkfelds auschecken. Der Betrag wird direkt vom Handy abgebucht.

Das hat zudem den Vorteil, dass man nicht mehr zu viel zahlt, also beispielsweise zwei Stunden löst, aber nur 90 Minuten benötigt. Auch für die Polizei vereinfachen sich die Abläufe durch die Apps. Die Beamten müssen nicht mehr zur Parkuhr laufen und prüfen, wessen Zeit abgelaufen ist, sondern können via Handy die Nummernschilder scannen. 

Christian Ambühl ist begeistert vom Pilotprojekt, das seit zwei Jahren läuft. «Pro Jahr haben wir einen hohen fünfstelligen Betrag eingespart. Die Wartung der Automaten wird weniger, die Ticketstreifen müssen nicht mehr ersetzt werden, Sabotage-Schäden fallen ebenso weg wie die Kosten für das Münzzählen. Zudem haben wir keine Einnahmeverluste, wenn eine Parkuhr mal nicht funktioniert.»

Ohne Innovation dem Untergang geweiht

Ambühl ist zwar Vorreiter, aber bei weitem nicht der Einzige, der darüber nachdenkt, Parkuhren zu ersetzen. In der Schweiz experimentieren rund 200 Orte, darunter mehr als die Hälfte der 30 grössten Schweizer Städte, mit verschiedenen Systemen. Grösster Anbieter ist hierzulande die Digitalparking AG, die ihre App «Parkingpay» vor allem lanciert hat, um im Zeitalter der Digitalisierung nicht unterzugehen. Denn das Unternehmen ist gleichzeitig der schweizweit grösste Betreiber von Parkuhren und sieht das bisherige Geschäftsmodell stark gefährdet.

«Die Hälfte der Parkuhren wird in den nächsten fünf bis zehn Jahren verschwinden, beziehungsweise nicht mehr ersetzt», sagt Reto Schläpfer, Geschäftsleiter Produkte und Lösungen der Digitalparking AG. «Wir erwarten, dass unser jährlicher Umsatz um 50 Prozent zurückgehen wird», sagt der 35-Jährige, der auf die skandinavischen Länder oder Holland verweist, wo herkömmliche Parkuhren längst der Moderne Platz gemacht haben. 

Zürich und Luzern springen auf

Gedanken macht man sich derzeit in Zürich. Im April führt die grösste Schweizer Stadt eine bargeldlose Zahlungsmöglichkeit auf ihren rund 10'000 weissen Strassenparkplätzen ein. Die Parkierenden werden die Möglichkeit haben, Apps von drei Anbietern zu testen. «Ob künftig auf Parkuhren verzichtet werden kann, hängt davon ab, wie intensiv das neue Angebot benutzt wird», sagt Martin Guggi von der Dienstabteilung Verkehr.

Dass Potenzial vorhanden wäre, zeigen folgende Zahlen: Die Stadt Zürich nimmt jährlich rund 24 Millionen Franken Parkgebühren ein. Am Ende fliessen aber nur rund 7,8 Millionen Franken aus Parkgebühren in die Stadtkasse. Das ist verhältnismässig ein riesiger Aufwand, der sich durch modernere Optionen optimieren liesse. 

Twint in Luzern

Die Stadt Luzern hat sich ähnliche Gedanken gemacht. Seit letztem November wird eine digitale Parkuhr getestet, bei der nicht mehr die Parkplatznummer, sondern das KfZ-Kennzeichen eingegeben werden muss. Nebst Münz können die Autofahrer mit Twint bezahlen. «Die neue Parkuhr am Löwengraben führt zu einer Effizienzsteigerung im Betrieb und Unterhalt und erleichtert die Kontrolltätigkeit in Kombination mit bargeldlosen Zahlungen», zeigt sich Leevke Stutz vom Tiefbauamt der Stadt Luzern zufrieden.

Störungen könnten schneller behoben und Leerungen effizienter geplant und durchgeführt werden. «Ausserdem wird die Kontrolle durch die Luzerner Polizei erheblich vereinfacht. Sie können mit ihrer Kontroll-App die Kennzeichen der parkierten Fahrzeuge scannen und erhalten direkt den Bezahlstatus auf ihrem Gerät», sagt Stutz.

Sie hält es für denkbar, «die bestehenden und in die Jahre gekommenen Parkuhren in Zukunft durch den aktuellsten technischen Stand zu ersetzen». Konkrete Angaben dazu könnten aber noch nicht gemacht werden.

Polizei kontrolliert im Vorbeifahren

Dass Parkuhren einst ganz verschwinden, glaubt Reto Schläpfer nicht. Gewisse Menschen würden stets mit Bargeld bezahlen wollen, sagt er. In Zukunft wird es in der Schweiz also zwei Systeme geben: Die Menschen können wählen, ob sie weiterhin mit Münz zahlen wollen, oder eine App benutzen möchten. Dass dies billiger wird, liegt auf der Hand, weil eine App natürlich nicht den gleichen Wartungs- oder Kontrollaufwand wie eine Parkuhr benötigt. Zudem kann man nun entweder sein Portemonnaie oder sein Handy zu Hause vergessen und trotzdem parkieren.

Sicher scheint, dass die Parkuhren ihre dominante Rolle im Stadtbild verlieren werden. Stattdessen könnten dann Autos mit Kameras auf dem Dach die Vorherrschaft übernehmen. 

Diese gehören dann allerdings nicht Google, das mit solchen Autos seit Jahren für Aufmerksamkeit sorgt, sondern der Polizei, die so ganze Parkgebiete sprichwörtlich im Vorbeifahren kontrollieren kann. Erste solcher Tests gab es bereits in Genf. Die Resultate sollen zufriedenstellend ausgefallen sein.

Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?