Auf der schönen St. Petersinsel im Bielersee, vor 13 Jahren, liess Pascal Couchepin (74) eine Bombe platzen: Der FDP-Bundesrat gab bekannt, das Rentenalter müsse bis 2025 auf 67 Jahre erhöht werden. Der Wutausbruch der Linken folgte prompt. Lautstark protestierten die Gewerkschaften, der heutige Ständerat Paul Rechsteiner (64, SP) aus St. Gallen geisselte ihn als «Unsozialminister».
In dieser Woche nun hat der Nationalrat einen Mechanismus beschlossen, der längerfristig just jenes Rentenalter Wirklichkeit werden lassen könnte, für das der Walliser Bundesrat damals so heftig Prügel bezog.
Couchepin fühlt sich bestätigt. Angesichts der demografischen Entwicklung sagt er: «Man darf dem Volk keinen Sand in die Augen streuen.» Längerfristig käme die Schweiz nicht um eine Erhöhung des Rentenalters auf 67 herum. Das habe er während seiner Amtszeit gesagt, «und daran halte ich fest». Allerdings: Der Mechanismus zur Erhöhung des Pensionsalters wurde von der grossen Kammer in ein separates Geschäft ausgelagert – diesem Reformschritt droht damit ein Abschuss im Ständerat.
Unter anderem beschloss der Nationalrat auch die Erhöhung des Rentenalters für Frauen auf 65 Jahre und die Senkung des Umwandlungsatzes in den Pensionkassen auf sechs Prozent. In diesem Punkt sind sich die Kammern einig. Von einer Erhöhung der AHV-Renten um 70 Franken jedoch, wie sie der Ständerat möchte, will die Grosse Kammer nichts wissen.
Der Entscheid des Nationalrats sei ein Kompromiss, resümiert Couchepin mit Blick auf die Debatte: «Mehr nicht. So läuft das in der Schweiz.» Immerhin könne diese Lösung, werde sie denn tatsächlich umgesetzt, dem Land einige Jahre lang Ruhe verschaffen.
Hätte der Nationalrat die Erhöhung des Rentenalters nicht abgekoppelt, wären die Chancen der Vorlage extrem gering gewesen. Dennoch passt dem ehemaligen Sozialminister überhaupt nicht, wie in dieser Frage vorgegangen worden sei. Die Politik müsse dem Volk reinen Wein einschenken.
Komme die Nationalratslösung ohne Rentenaltererhöhung, müssten die Vorsorgeeinrichtungen in acht oder zehn Jahren schon wieder reformiert werden, warnt der Walliser: «Ich glaube nicht, dass die Bevölkerung dafür Verständnis hat», so Couchepin. «Das ist kurzfristig und untergräbt das Vertrauen in die Politik.» Umso schwieriger würden künftige notwendige Reformschritte.
Mit Alain Berset (44) hat sich nun ein Sozialdemokrat daran gemacht, die Altersvorsorge auf eine solide Grundlage zu stellen. Couchepin wünscht ihm Erfolg. Aber: «Ich beneide ihn sicher nicht um seine Aufgabe.»