Die SVP macht Stimmung gegen eritreische Flüchtlinge: «Bitte ein Flugticket nach Eritrea – einfach!», überschreibt sie einen Newsletter. Darin wettert SVP-Nationalrätin Sylvia Flückiger (63, AG) über Auslandreisen von Flüchtlingen. Spitzenreiter bei diesen Reisen seien Somalier und Eritreer, so Flückiger. «Viele reisen wohl in ihre Herkunftsländer, wo sie angeblich bedroht und verfolgt sind», so die SVP-Frau. Dort würden sie Verwandte besuchen oder Ferien machen.
Illustriert wird der Text mit einem Boarding Pass für einen «einfachen Flug» von der Schweiz nach Eritrea. Als «Ziel des Fluges» heisst es dazu: «Die Steuerzahler der Schweiz von den jährlichen Sozialhilfekosten zu befreien. Wer als Asylant in der Heimat – in der er anscheinend an Leib und Leben bedroht ist – Ferien machen kann, hat das Recht auf Asyl verwirkt.»
«Wir sind zutiefst schockiert»
Die SVP-Attacke sorgt in der eritreischen Gemeinde in der Schweiz für Unruhe. «Wir sind zutiefst schockiert über den Newsletter – vor allem über den abgebildeten Boarding Pass», sagt Veronica Almedom (26) von «Stop Slavery in Eritrea» zu Blick.ch.
Nun reagieren die Eritrea-Aktivisten mit einem offenen Brief an Sylvia Flückiger. «Die Opfer der Diktatur in Eritrea scheinen die bevorzugten Opfer der SVP zu werden», steht darin. Dabei instrumentalisiere die SVP die Verwundbarkeit einer besonders verletzlichen Personengruppe.
Der Brief verweist auch auf einen UNO-Bericht, der massive Menschenrechtsverletzungen durch die eritreische Regierung belegt.
«Angemessene Bestrafung» für Rückkehrer
Zudem würden Asylsuchende von der eritreischen Regierung und deren Agenten in der Schweiz massiv unter Druck gesetzt, ein «Formular des Bedauerns» zu unterschreiben, mit welchem die Beziehung zwischen Bürger und Regierung «reetabliert» werden soll. Mit der Unterschrift akzeptieren sie auch eine «angemessene Bestrafung» nach ihrer Rückkehr. Ebenfalls damit verbunden ist die Bezahlung einer zweiprozentigen Steuer.
Almedom räumt ein, dass es durchaus Rückreisende gibt. Sie teilt diese aber in zwei Gruppen – jene mit gerechtfertigten und jene mit ungerechtfertigten Gründen. Zur ersten Gruppe zählt sie jene, welche gezwungen sind, etwa aus familiären ins Land zurückreisen. «Dabei geht es oft um die Eltern, die alt und alleine sind. Um sich um diese kümmern zu können, muss man das ‚Formular des Bedauerns’ unterzeichnen, um einigermassen sicher zu sein», erklärt die Genferin.
Kein Verständnis hat sie hingegen für jene, die tatsächlich bloss ferienhalber nach Eritrea zurückkehren. «Im Vergleich zu den Tausenden Eritreern in der Schweiz handelt es sich dabei aber um eine kleine Minderheit, die nicht repräsentativ ist für die Opfer der Menschenrechtsverbrechen.» Diese Ferienreisenden wolle man auch nicht verteidigen, sondern: «Wir unterstützen angemessene Massnahmen der Schweizer Behörden gegen diese Personen», so Almedom. Das betonen die Aktivisten auch in ihrem offenen Brief.
Flückiger gehe es bloss um Wählerstimmen
An SVP-Nationalrätin Flückiger üben die Menschenrechtsaktivisten scharfe Kritik. Dieser gehe es offensichtlich nur darum, bei den Wahlen im Herbst ein paar Stimmen mehr zu gewinnen. «Aber eine solche Verallgemeinerung und Instrumentalisierung des Leids und der Traumatisierung unschuldiger Personen ist absolut empörend», so der Brief.
Flückiger, Blocher und der Rest der SVP sollten ihre «wertvollen Ressourcen» lieber für mehr Gerechtigkeit und eine Beendigung der Diktatur in Eritrea einsetzen. «So könnten die Eritreer endlich ihre verlorene Würde wiedererlangen und nach Eritrea zurückkehren, um in Frieden mit ihren Familien zu leben.»