Befürworter der Rentenreform im Hintertreffen
Das Ständemehr wird zur grossen Hürde

Die Befürworter der Rentenreform müssen nicht nur das Volk für ein Ja gewinnen, sondern bei der Mehrwertsteuererhöhung zugunsten der AHV auch das Ständemehr. Die BLICK-Analyse zeigt: Das wird schwierig.
Publiziert: 09.08.2017 um 23:56 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 03:00 Uhr
Ruedi Studer

SP-Bundesrat Alain Berset und die Befürworter der Rentenreform stehen vor einer schwierigen Aufgabe: Sie müssen nicht nur das Stimmvolk von der Renten-Gesetzgebung und einer Erhöhung der Mehrwertsteuer zugunsten der AHV überzeugen. 

Gemäss einer gestern veröffentlichten Tamedia-Umfrage unterstützt eine knappe Mehrheit von 52 Prozent die Mehrwertsteuererhöhung, 43 Prozent lehnen sie ab, der Rest ist unentschlossen. Umgekehrt präsentiert sich das Resultat beim Altersvorsorge-Gesetz mit nur 40 Prozent Zustimmung, 54 Prozent Nein und 6 Prozent Unentschlossenen.

Rentenreform wird zur Zitterpartie

Die Abstimmung über die Rentenreform wird damit zur Zitterpartie. Für das Ja-Lager verschärft sich die Ausgangslage umso mehr, als sie für die Mehrwertsteuererhöhung auch noch das Ständemehr schaffen muss. Dieses könnte zum entscheidenden Knackpunkt werden, denn die Gegner können alleine mit einem Stände-Nein die ganze Reform zu Fall bringen. Dafür reichen bereits 11,5 der 23 Ständestimmen.

BLICK hat mit Politstrategen in beiden Lagern gesprochen und die Ausgangslage in den Kantonen analysiert. Das Resultat: Das Rennen um die Stände wird eng – im Moment mit Vorteil für die Reformgegner.

FDP-Chefin Petra Gössi: «Wir sind gezwungen, unsere Mittel zu fokussieren. Deshalb lassen wir Überlegungen zum Ständemehr selbstverständlich in unsere Strategie einfliessen.»
Foto: Blick

Nein-Lager punktet in der Ost- und Innerschweiz

Nimmt man die parteipolitischen Mehrheitsverhältnisse sowie bisherige sozialpolitische Abstimmungen als Gradmesser, kann das Nein-Lager insbesondere in der Inner- und Ostschweiz auf Support hoffen.

Schwyz, Uri, Nidwalden, Obwalden und wohl auch Zug sowie die Kantone Glarus, Thurgau, St. Gallen und die beiden Appenzell dürften die Rentenreform eher ablehnen. Auch Aargau und Schaffhausen dürften zum Nein tendieren. Damit könnten die Gegner bereits auf zehn Nein-Standesstimmen zählen.

Ja-Lager hofft auf Romandie und Städte

Die Hoffnungen der Befürworter liegen vor allem in der Romandie. Dabei können sie mit einem Ja in den Kantonen Freiburg, Jura, Wallis, Waadt und wohl auch Neuenburg rechnen. Dank des Supports der Lega auch im Tessin.

In der Deutschschweiz hingegen dürfte das Ja-Lager Basel-Stadt und wohl auch Graubünden und Bern auf seine Seite ziehen. Damit kommen die Befürworter auf 8,5 Standesstimmen – für einen Erfolg brauchen sie aber die Mehrheit von mindestens zwölf.

Matchentscheidend dürften also die Kantone Genf, Zürich, Baselland, Solothurn und Luzern werden. Gerade in Genf könnte ausgerechnet das Nein von Linksaussen den Ausschlag geben. 

SP-Nordmann: «Ständemehr auf dem Radar»

Beide Lager wollen aber in allen Kantonen Präsenz markieren und ihre Basis mobilisieren, wie sie betonen. FDP-Chefin Petra Gössi (41) sagt aber: «Wir sind gezwungen, unsere Mittel zu fokussieren. Deshalb lassen wir Überlegungen zum Ständemehr selbstverständlich in unsere Strategie einfliessen.» 

SP-Fraktionschef Roger Nordmann: «Es gibt Kantone, die auf beide Seiten kippen können. Dort werden wir ganz gezielt Junge, Frauen und Senioren überzeugen müssen, dass ein Ja ihre Renten sichert und die AHV stärkt.»
Foto: EQ Images

Auch die Ja-Seite ist sich bewusst, dass  die ganze Reform mit der Ständemehr-Problematik erst recht an einem seidenen Faden hängt. «Wir haben das Ständemehr auf dem Radar – alles andere wäre unverantwortlich», sagt SP-Fraktionschef Roger Nordmann (44). Es gebe Kantone, die auf beide Seiten kippen könnten. «Dort werden wir ganz gezielt Junge, Frauen und Senioren überzeugen müssen, dass ein Ja ihre Renten sichert und die AHV stärkt.»

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