Seit Annahme der Masseneinwanderungs-Initiative ist die Nettoeinwanderung (Einwanderung minus Auswanderung) rückläufig. Während 2013 noch 81'084 Personen zuzogen, waren es im letzten Jahr noch 60'262.
Das Parlament hat im Dezember 2016 entschieden, die Initiative sanft umzusetzen. Einzig ein Arbeitslosenvorrang soll die Migration drosseln. Nimmt die Nettoeinwanderung aufgrund dessen wieder zu, wie die «SonntagsZeitung» vermeldete? Rekrutieren die Firmenchefs – nachdem die Angst vor einem strikten Einwanderungsstopp nun gebannt ist – wieder hemmungsloser im Ausland?
Weniger EU-Bürger
Keinesfalls. Die Migrationszahlen bleiben auch in diesem Jahr rückläufig. Von Januar bis und mit Mai wanderten 22'468 Personen ins Land ein, wie neuste Zahlen des Staatssekretariats für Migration zeigen. Das sind 9,1 Prozent weniger als im gleichen Zeitraum 2016.
Geht es in dieser Grössenordnung weiter, wird die 60'000-Marke klar unterschritten. Vor allem für EU- und Efta-Bürger ist die Schweiz weniger attraktiv als auch schon. Ihre Zahl nahm um weitere 17,7 Prozent auf 13'430 Personen ab.
Familiennachzug boomt
Dafür verzeichnet die Schweiz mehr Einwanderer aus Drittstaaten. Die allerwenigsten kommen zum Arbeiten, sondern im Rahmen des Familiennachzugs. So stellte der Bund bislang 1385 Arbeitsbewilligungen für Personen von ausserhalb Europas aus. Effektiv kamen aber 11'443 – achtmal mehr.
Der generell geringere Migrationsdruck auf die Schweiz scheint sich positiv auf die hier lebenden arbeitslosen Ausländer auszuwirken. So ist deren Arbeitslosenquote innert einem Jahr von 6,4 auf 5,6 Prozent gesunken. Bei den Schweizern beträgt sie 2,3 Prozent.
«Doppelt so hoch, als die Schweiz verkraftet»
FDP-Migrationsexperte Kurt Fluri ist zufrieden mit der Entwicklung: «Die Problematiken der Zuwanderung wie Verkehr, Verdrängung am Arbeitsplatz und Kulturlandverlust werden entschärft.»
Die pragmatische Umsetzung der Einwanderungs-Initiative werde diesen Trend weiter verstärken, und das Thema Migration verliere an Sprengkraft, sagt der Solothurner Nationalrat.
Für SVP-Migrationschef Andreas Glarner ist die Zuwanderung «immer noch mehr als doppelt so hoch, als die Schweiz verkraften kann». Dass die Ausländer im Land vermehrt Stellen finden, stellt der Aargauer Nationalrat in Abrede. «Die meisten sind in der Sozialhilfe gelandet.»
Laut Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) sind die positiven Konjunkturaussichten für die tiefere Arbeitslosigkeit verantwortlich. Doch tatsächlich ist auch die Sozialhilfequote bei Ausländern in den letzten Jahren überproportional gestiegen. So haben im Aargau bereits 62 Prozent der Sozialhilfebezüger keinen roten Pass.