15 Milliarden Franken Wahlversprechen
Wer soll die Pläne der Parteien bezahlen?

Vor den Wahlen sind die Schweizer Parteien grosszügig wie nie – und zwar von der SP bis zur SVP. BLICK hat zusammengetragen, was die Parteien im laufenden Jahr an Ausgaben gefordert haben. Nur schon eine Auswahl würde die Staatskasse leeren.
Publiziert: 08.09.2019 um 23:03 Uhr
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Aktualisiert: 09.09.2019 um 07:42 Uhr
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Foto: Igor Kravarik
Andrea Willimann

Am Montag treten die eidgenössischen Räte wieder zusammen, zur letzten Session vor den nationalen Wahlen im Oktober. Nicht in Flipflops und Shorts, aber erholt und vergnügt in Spendierhosen: Wählergeschenke aus der Steuerkasse haben in einem Wahljahr nämlich Hochsaison!

Besonders ausgabenfreudig zeigten sich seit Anfang Jahr die Sozialdemokraten. Die Partei hat bereits Forderungen in der Höhe von rund 10 Milliarden Franken gestellt. Und zwar immer wieder mit Verweis auf die satten Überschüsse des Bundes und den «unproduktiven Schuldenabbau». Allerdings würden die 2,8 Milliarden Franken Gewinn vom letzten Jahr und auch der nächste bereits voraussehbare Überschuss von 2019, schnell dahinschmelzen, hiessen Parlament und Volk nur einen Teil der SP-Forderungen gut.

  • 3 Milliarden Franken verlangt die SP für ihren Marshall-Plan für die Energiewende. Dabei handelt es sich um ein Investitionsprogramm, das den Öl-Ausstieg der Schweiz beschleunigen soll.
     
  • 1 Milliarde Franken jährlich wollen die SPler zudem für ihre Weiterbildungs-Initiative «Arbeit und Ausbildung für alle» aus der Staatskasse nehmen. Mit dem Geld soll ein Fonds geäufnet werden für Weiterbildungen, die nicht zu Arbeitsunterbrüchen führen und in eidgenössisch anerkannte Abschlüsse münden.
     
  • Auf 3 bis 4 Milliarden Franken schätzen die Sozialdemokraten zudem die Kosten, die ihre Prämienentlastungs-Initiative nach sich ziehen würde. Diese soll die Ausgaben für Krankenkassenprämien in jedem Haushalt auf maximal 10 Prozent des verfügbaren Einkommens deckeln.
     
  • Mit 1,4 bis 1,5 Milliarden Franken Mehrausgaben müsste der Staat planen, wenn sich die SP mit ihren Forderungen bei der AHV-Reform durchsetzt. Die Partei spricht sich gegen das höhere Rentenalter für Frauen und gegen höhere Lohnabgaben.

Dazu kommt noch eine ganze Reihe von Forderungen, welche die SP mit anderen Parteien und dem Bundesrat teilt und hier nicht aufgeführt sind.

Die anderen Parteien verfolgen aber auch eigene Ausgabenpläne, wie eine Auswahl von Forderungen aus ihren Medienmitteilungen seit Januar zeigt.

  • Mindestens 3 Milliarden Franken möchte die CVP ausgeben. So fordert die Gegnerin von Heiratsstrafen jetzt, dass diese auch bei der anstehenden AHV-Reform «mindestens gemildert» werden. Dies würde teuer: 2017 hätten Ehepaare, wenn sie nicht verheiratet gewesen wären, 2,6 Milliarden Franken erhalten. Weiter hiess das Parlament einen CVP-Antrag gut, der bei der direkten Bundessteuer den allgemeinen Kinderabzug von 6500 auf 10'000 Franken erhöht. Kostenpunkt: 350 Millionen Franken.
     
  • Mit rund 800 Millionen Franken ist ein Steckenpferd der Grünliberalen zu bewerten: Die Individualbesteuerung für alle. Sie selber sehe darin allerdings kein Wählergeschenk, sondern eine «Steigerung der Arbeitsanreize», etwa für gut ausgebildete Frauen. Die FDP stösst ins gleiche Horn.
     
  • Mit knapp 1,5 Milliarden zeigt sich auch die SVP spendabel. So erneuerte die Partei diesen Frühling ihre Forderung, 1 Milliarde Franken mehr für den Kauf von Kampfjets auszugeben, nachdem der Bundesrat den Betrag auf 6 Milliarden begrenzt hatte. Ebenso erweichten die stetig steigenden Krankenkassenprämien die Sparer-Partei: So unterstützte die SVP höhere Pauschalabzüge bei der direkten Bundessteuer für 465 Millionen Franken. Ebenso wollte die SVP die Erhöhung der Abzüge bei der Bundessteuer für die Fremdbetreuung von Kindern erweitern: Im Gegensatz zu den anderen Parteien und Bundesrat warb die SVP dafür, den Abzug auf Eltern auszudehnen, die ihre Kinder selber betreuen. So wären zu den nun beschlossenen 10 Millionen Franken ein paar Millionen dazugekommen.
     
  • Geschätzt 40 Millionen Franken möchte die BDP zusätzlich ausgeben. 25 Millionen Franken verlangt sie, damit Menschen über 55, die während mindestens zehn Jahren ein AHV-pflichtiges Einkommen hatten, bis zum Erreichen des Pensionsalters nicht mehr ausgesteuert werden können. Sie sollen weiterhin Ergänzungsleistungen und Unterstützung bei der Arbeitsintegration erhalten. Ebenso verlangt die
    BDP Mutterschaftsentschädigungen für Bäuerinnen. Dieser bessere Sozialversicherungsschutz, den auch die Grünen unterstützen, dürfte mehrere Millionen Franken kosten. Eine Kostenschätzung gibt es noch nicht.
     
  • Mindestens 210 Millionen Franken muss sich die FDP auf ihre Kappe schreiben lassen. Sie verlangt wie die CVP einen 16-wöchigen Elternschaftsurlaub. Die FDP verkauft die Ausgabe als vernünftige Lösung: Denn einen vierwöchigen Vaterschaftsurlaub, wie ihn die Grünen fordern, würde das Doppelte kosten.

14 Milliarden Franken umfassen alleine diese Forderungen! Dazu kommen viele weitere Wünsche, die bislang kein Preisschild tragen. So forderten die Grünen aus Anlass des Frauenstreiks ein «Gleichstellungspaket»: Darin sind mehr Fördergelder für Frauensport, kostenlose Bildungsprogramme für Migratinnen und anderes mehr enthalten. 

Parteien verweisen auf Sparvorschläge

Konfrontiert mit ihrer Spendierlaune reagieren die Parteien cool. So lautet der abschliessende Kommentar der SP: «Die Zahlen stimmen.»

CVP, SVP, Grüne und Grünliberale verweisen auf Sparvorschläge, welche «die Finanzierung dieser Vorschläge ohne weiteres sichergestellt hätten», wie es die SVP formuliert. Oder auf die positiven Effekte ihrer Ideen. So erwähnt die BDP die Sozialhilfekosten, die einzusparen wären, oder die Grünen halten fest: «Wir finden, eine gleichberechtigte Familienpolitik darf auch etwas kosten – aber wir wollen an anderen Orten sparen: sei das bei der Armee oder beim klimaschädlichen Ausbau der Autobahnen. Bébés statt Beton und Bomben.»

Die CVP zeigt bei ihren Milliarden-Forderungen für die Milderung der Heiratsstrafe zudem auf den Staat: Dieser profitiere auf Kosten der verheirateten und eingetragenen Paare seit Jahrzehnten durch höhere Steuern und weniger Rentenauszahlungen.

Die sparsamste Bundesratspartei hingegen, die FDP, mahnt, das Ausgabenwachstum zu bremsen. «Wir verteidigen konsequent die Schuldenbremse, denn Schulden von heute sind Steuern von morgen!»

So funktioniert die Wahl 2019

Am 20. Oktober wählt die Schweiz ein neues Parlament. Wer bei den Worten panaschieren, CSP oder Proporz-System nur Bahnhof versteht, sollte sich über das ABC des wichtigen Urnengangs hier schlau machen.

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Die Parteien an der Wahl

Bald geht die heisse Phase der Wahlschlacht so richtig los. BLICK erklärt im Formtest, wo die Parteien im Moment stehen und womit sie zu punkten versuchen.

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