Seit Monaten reisst das Drama um die Flüchtlingsströme an den Grenzen Europas nicht ab. Während das Thema bei einem Teil der Bevölkerung grosse Solidarität auslöst, reagieren andere mit Wut und Unverständnis. Auf Internetseiten wie Facebook verschaffen sie ihrem Ärger zunehmend Luft – teilweise auf derbe Art und Weise. Beim sozialen Netzwerk unternimmt man wenig dagegen.
Nippel-Bilder unmoralisch, Rassismus nicht?
In Deutschland ruft die Passivität von Facebook nun sogar die Politik auf den Plan. Bundesjustizminister Heiko Maas fordert die Betreiber der Social-Media-Seite in einem Brief dazu auf, endlich konsequent gegen fremdenfeindliche und aufhetzende Beiträge vorzugehen, berichtet der «Tagesspiegel». Maas kritisiert, dass Facebook trotz konkreter Hinweise «rassistische und fremdenfeindliche Posts und Kommentare nicht effektiv unterbinde».
Für den SPD-Politiker ist es denn auch unverständlich, wie Facebook bestimmte Inhalte wie Nippel-Fotos unter Berufung auf die «Gemeinschaftsstandards» aus moralischen Gründen automatisch löscht, bei fremdenfeindlichen Äusserungen aber selbst nach Hinweisen von Usern tatenlos bleibt. «Der pauschale Verweis, derartige Beiträge verstiessen nicht gegen Ihre Gemeinschaftsstandards, wird so zu Farce», findet Maas.
Keine falsch verstandene Toleranz
Das Argument der Meinungsfreiheit will Maas dabei nicht gelten lassen. «Das Internet ist kein rechtsfreier Raum, in dem rassistische Hetze und strafbare Äusserungen unkontrolliert verbreitet werden können.» Gegenüber Fremdenfeindlichkeit und Rassismus dürfe es keine falsch verstandene Toleranz geben. Damit Facebook das Thema nicht mehr weiter ignorieren kann, will sich Maas im September sogar mit Verantwortlichen des US-Unternehmens für eine Besprechung der Problematik treffen.
Das Phänomen diskriminierender Kommentare ist auch in der Schweiz bekannt. Auch auf Blick.ch verfassen Leserinnen oder Leser rassistische Kommentare zu Artikeln. Social-Media-Manager Claudio Candinas betont aber, dass diese Posts jeweils gelöscht werden. «Online-Kommentare mit solchen Aussagen werden erst gar nicht freigeschaltet – und wer wiederholt solche schreibt, wird gesperrt.» (cat)