Laut Angaben der Wahlkommission vom Mittwoch stimmten 3'305'925 Wähler für die Unabhängigkeit. Nur 7,3 Prozent der Teilnehmer votierten dagegen. Die Kommission hatte bereits zuvor die Wahlbeteiligung mit 72 Prozent angegeben, in den Hochburgen von Barsanis Rivalen von der Patriotischen Union Kurdistans (PUK) erreichte sie allerdings nur 50 Prozent.
Als Reaktion auf das Ergebnis erhöhte die irakische Zentralregierung ihren Druck auf die kurdische Führung. Die Luftfahrtbehörde in Bagdad wies ausländische Airlines an, Flüge in die kurdischen Autonomiegebiete von Freitag an zu stoppen. Lediglich Inlandflüge seien dann noch erlaubt. Die ägyptische Fluglinie Egypt Air und die libanesische MEA erklärten, sie würden ihre Verbindungen einstellen.
Nach Libanons Middle East Airlines und EgyptAir erklärten auch die türkischen Fluglinien Turkish Airlines, Pegasus und Atlas Global, ab Freitag Erbil und Suleimanija nicht länger anzufliegen, wie das türkische Konsulat in Erbil mitteilte.
Die deutsche Lufthansa - das Mutterunternehmen der Swiss - hingegen wird den nächsten Flug nach Erbil wie geplant am Samstag durchführen. «Wir gehen davon aus, dass es keine Beeinträchtigungen gibt», sagte ein Sprecher der Nachrichtenagentur dpa. Man stehe dazu in Kontakt mit deutschen, US-amerikanischen und irakischen Behörden und beobachte die Situation in Erbil weiter.
Die kurdische Autonomieregierung in Erbil lehnte am Mittwoch die Forderung von Iraks Ministerpräsident Haidar al-Abadi ab, ihre Flughäfen innerhalb von drei Tagen an die Zentralregierung zu übergeben.
Die Flughäfen in Erbil und der Stadt Sulaimanija seien «Besitz Kurdistans», der Betrieb gehe weiter, erklärte der irakisch-kurdische Transportminister Maulud Bawa Murad. Das Offenhalten der Flughäfen sei sowohl für die kurdische Regierung als auch für die Sicherheitskräfte im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) notwendig.
Annullierung gefordert
Al-Abadi verlangte von den Kurden, das Ergebnis der Volksabstimmung zu annullieren. Gespräche auf der Grundlage des Referendums, wie von Kurdenführer Massud Barsani vorgeschlagen, werde es niemals geben, sagte er vor dem Parlament in Bagdad. «Das Referendum muss annulliert und ein Dialog auf Grundlage der Verfassung eröffnet werden.»
Seine Regierung werde ihre Macht mit der Kraft der Verfassung in den kurdischen Autonomiegebieten durchsetzen. Zugleich verlangte er von der Kurden-Führung, alle Gebiete an die Zentralregierung zurückzugeben, die die kurdischen Peschmerga-Kämpfer während des Kampfes gegen den IS unter Kontrolle gebracht hatten.
Barsani hatte al-Abadi am Dienstagabend in einer Fernsehansprache aufgefordert, «die Tür zum Dialog nicht zuzuschlagen, da die Probleme durch Dialog gelöst werden können». Zugleich versicherte er der internationalen Gemeinschaft die Bereitschaft der Kurden zu Verhandlungen. Das Referendum habe weder «die Grenzen bestimmen» noch sie «de facto durchsetzen» sollen, versicherte Barsani.
Er hatte bereits vor dem Volksentscheid gesagt, dass er im Fall einer Mehrheit für die Abspaltung nicht direkt die Unabhängigkeit erklären werde. Mit dem Referendum will er Fakten schaffen, um die Zentralregierung zu Verhandlungen über eine Unabhängigkeit zu zwingen. Die Kurden geniessen bereits weitgehende Autonomierechte, träumen aber seit Jahrzehnten von einem eigenen Staat.
Kampf ums Öl
Zu den umstrittenen Regionen zählt etwa die ölreiche Provinz Kirkuk. Die Peschmerga waren dort eingerückt, nachdem die Armee 2014 vor dem IS geflohen war. Das irakische Parlament rief Ministerpräsident al-Abadi auf, Truppen in die Öl-Felder zu entsenden.
Die Kurden beanspruchen traditionell die auch von Arabern und Turkmenen bewohnte Region. Auch dort nahm die Bevölkerung an der Abstimmung teil. Nach Angaben der kurdischen Regionalregierung stimmte eine Mehrheit für die Loslösung vom Irak.
Ausser der Zentralregierung in Bagdad sind auch die Nachbarländer Türkei und Iran gegen das Referendum. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan drohte den Kurden im Nordirak mit einem Ende des Ölexports über sein Land und mit einer militärischen Intervention. Die Türkei und der Iran befürchten Auswirkungen auf die Autonomiebestrebungen der Kurden in ihren eigenen Ländern. (SDA)