Sie raste mit 160 km/h durch Niederuzwil SG – drei Freunde tot
Jenny S. (21) muss vier Jahre in den Knast!

Jenny S.* trinkt, setzt sich hinters Lenkrad und rast durch Niederuzwil SG. Vor Mitternacht kommt es zum Crash. Ihre drei Kollegen sterben noch am Unfallort. Ihre Freundin überlebt. Heute musste sich die 21-Jährige vor Gericht verantworten.
Publiziert: 07.06.2023 um 20:07 Uhr
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Aktualisiert: 08.06.2023 um 21:32 Uhr
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Die Angeklagte Jenny S. (r.) mit ihrer Mutter und Schwester vor dem Gericht.
Foto: Beat Michel

Es war einer der heftigsten Autounfälle des Kanton St. Gallens der letzten Jahre: der Crash von Niederuzwil SG im April 2022 mit drei toten jungen Männern. Am Donnerstag musste sich Lenkerin Jenny S.* (21) vor dem Kreisgericht Wil in Flawil SG verantworten.

In einer Linkskurve auf der Höhe des Parkplatzes «Töbeli» kommt sie betrunken von der Strasse ab. Der Audi A1 prallt in eine Leitplanke und hebt ab. Es fliegt mehrere Meter durch die Luft, touchiert Bäume. Daraufhin überschlägt sich das Fahrzeug, bis es auf dem Dach liegend zum Stillstand kommt. Bei dem Crash werden die vier Mitfahrer aus dem Audi geschleudert. Drei Männer zwischen 19 und 22 sterben, die Lenkerin und ihre Beifahrerin werden verletzt.

Alkohol, Cannabis und 171 km/h

Staatsanwältin und Verteidigung sind sich über die Straftatbestände einig: Mehrfache fahrlässige Tötung, fahrlässige schwere Körperverletzung, qualifizierte grobe Verletzung der Verkehrsregeln sowie Fahren in nicht fahrfähigem Zustand. Beim Strafmass gehen die Meinungen auseinander: Vier Jahre gegen 15 Monate bedingt.

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Die junge Frau macht vor Gericht einen niedergeschlagenen Eindruck. Wenn sie von dem Unfall erzählt, bricht ihre Stimme. Neben ihr sitzen ihre Mutter und die Schwester.

Dann erzählt sie vom schlimmsten Karfreitag ihres Lebens. «Ich habe mit meinen Jungs mehrere Tage gefeiert. Am Freitag fuhren wir zuerst im Auto meines Kollegen. Wir hatten Spass. Laute Musik, er fuhr so, wie man das eigentlich nicht macht.» In einer Befragung im Vorfeld gab sie zu Protokoll: Es wurde mächtig Cannabis und Alkohol konsumiert. «Dann wollten die Jungs, dass ich fahre. Ich freute mich. Ich wollte zeigen, dass auch junge Frauen gut Autofahren können.»

Wie später ein Test ergab, hatte Jenny S. mindestens ein Promille Alkohol im Blut. Sie fährt Vollgas los, obwohl die vier Passagiere nicht angegurtet sind. Sie sagt dazu vor Gericht: «Ich sagte, dass es auch hinten piepst, wenn man sich nicht angurtet.» Der Richter erklärt, was dann geschah: «Sie schlossen die Gurtschnallen und setzten sich darauf.»

Vier Jahre Knast für Todesraserin

Nur eineinhalb Minuten später knallt es. Die Staatsanwältin schildert, was aus dem Bordcomputer des Audi ausgelesen wird: «Das Gaspedal war bis kurz vor dem Crash durchgedrückt. In den letzten fünf Sekunden vor dem Unfall gibt es elf Geschwindigkeitsmessungen, sie ergaben zwischen 163 und 171 Km/h», sagt die Anklägerin. Und: «Eine Sekunde vor dem Unfall wurde das Steuer nach links gerissen. 1,5 Sekunden vorher war das Auto mit der gemessenen Höchstgeschwindigkeit von 171 Km/h unterwegs.»

Die Staatsanwaltschaft plädiert für eine unbedingte Haftstrafe, weil die Lenkerin sehr wohl wusste, was sie für Gefahren einging, und dass sie Leben aufs Spiel setzte. Die Verteidigung gab den Opfern hingegen eine gewisse Mitschuld, sie wären für die wilde Raser-Party mitverantwortlich.

Das Richtergremium des Kreisgerichts Wil in Flawil folgte aber ganz der Argumentation der Staatsanwaltschaft. Jenny S. kassiert die geforderte Freiheitsstrafe über 48 Monate. Ob die Verteidigung den Entscheid weiterzieht, ist noch nicht entschieden.

Jenny S. (21) rast mit 160km/h durchs Dorf und verunfallt – Freunde sterben

*Name geändert

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