Der Sultan von Oman, Qabus bin Said, ist am Freitagabend im Alter von 79 Jahren an den Folgen eines Krebsleidens gestorben. Das berichteten die Staatsmedien am Samstag. Der vom Westen unterstützte Qabus regierte den Oman seit 1970. Er kam mit Hilfe der Kolonialmacht Grossbritannien auf den Thron. Qabus hat keine Kinder und hatte öffentlich auch keinen Nachfolger benannt.
Der Sultan hatte für den Tag der Tage aber mit einem Brief auch vorgesorgt. Darin legte er fest, wer sein Nachfolger werden soll. Der mit Siegeln verschlossene Umschlag wurde am Samstag im Verteidigungsrat des Landes feierlich geöffnet und dann der letzte Wille des Verstorbenen verlesen. Der neue Sultan wird sein Cousin Haitham bin Tariq al-Said (65). Noch am Samstag legte er seinen Eid ab.
Der 65-Jährige ist Mitglied der Königsfamilie und bekleidete mehrere politische Ämter im Oman, darunter als Generalsekretär des Aussenministeriums. Zuletzt war er Kulturminister des Landes.
Grosse Herausforderungen
Der neue Sultan steht vor grossen Herausforderungen. Ähnlich wie in Saudi-Arabien besteht sein Haushalt zum allergrössten Teil aus Ölgeld, das eines Tages ausgehen wird. Die Region bleibt zudem konfliktreich. Die Iran-Krise und den Bürgerkrieg im benachbarten Jemen erlebt der Oman aus unmittelbarer Nähe. Wie sein Vorgänger will auch Sultan Haitham als Vermittler auftreten und gute Beziehungen zu allen pflegen. Auf ihn wartet viel Arbeit. Und ein Volk, dessen Liebe er sich erst einmal verdienen muss.
Nach Sultan Qabus' Tod wurde eine dreitägige Staatstrauer ausgerufen. In dem muslimisch geprägten Land im Südosten der Arabischen Halbinsel, das fast so gross wie Deutschland ist, leben knapp fünf Millionen Menschen.
Das Volk liebte seinen «Vater». Und das, obwohl den Omanis echte Mitbestimmung verwehrt blieb. Sultan Qabus starb nach schwerer Krankheit und fast 50 Jahren als Herrscher des arabischen Staates.
«Es gab keine Gärte, keine Strassen»
Als er sich am 23. Juli 1970 an die Macht putschte und seinen Vater aufs Altenteil verbannte, hatte das Land gerade einmal zehn Kilometer asphaltierte Strasse. «Es gab keine Gärten, keine Strassen, kein (elektrisches) Licht», sagte ein Taxifahrer, während sein voll klimatisierter Wagen über eine der perfekt geteerten Fahrbahnen in der Hauptstadt Maskat glitt.
Die Strassen sind nur ein Beispiel für die Errungenschaft der Ära Qabus. Die medizinische Versorgung wurde kostenlos und erreicht in den Städten sogar westliches Niveau. Auch Schulen sind beitragsfrei. Zudem wurden Renten für Alte, Witwen und Waisen sowie ein Mindestlohn eingeführt. Erdöl hat den Oman und seine Bewohner wohlhabend, aber nicht so grössenwahnsinnig wie andere Golfstaaten gemacht.
Stabilität und Wohlstand liessen Qabus zum unumstrittenen Alleinherrscher werden. Und das, obwohl er seinem Volk Freiheitsrechte verwehrte, für die in anderen Ländern Aufstände losbrachen. Die Medien im Sultanat sind gelenkt, politische Mitbestimmung gibt es nur eingeschränkt - auch wenn der Herrscher es mit viel Fingerspitzengefühl verstand, auf die Bedürfnisse der verschiedenen Teile der Gesellschaft einzugehen.
Haftstrafen für Facebook- und Twitter-Nutzer
Menschenrechtsorganisationen kritisieren die begrenzte Meinungs- und Versammlungsfreiheit. So berichtete Human Rights Watch von Haftstrafen für Facebook- und Twitter-Nutzer, die angeblich Gott oder den Sultan beleidigt hätten. Doch im Oman blieb es auch während des Lauffeuers der arabischen Aufstände 2011 vergleichsweise ruhig. Der Herrscher erliess kleinere Reformen. Das Jahr der Umstürze zog unbeschadet an ihm vorbei.
Qabus baute das Land auch zu einem führenden Mittler der internationalen Diplomatie aus. Über viele internationale Konflikte wurde im und mit dem Oman verhandelt. So wurde die Basis für den Atomdeal mit dem Iran auch im Sultanat geschaffen. Voraussetzung dafür war, dass sich der Oman einen Namen als «Schweiz des Nahen Ostens» gemacht hatte und als neutral gilt.
«Das Sultanat hat eine gute Beziehung mit allen Ländern. Dies ist einer der Eckpfeiler für die Beziehung des Omans mit allen Ländern», sagte Aussenminister Jusuf Bin Alawi dazu. Ein phrasenhaftes Zitat. Trotzdem aber auch ein zutreffendes.
Zog sich immer mehr zurück
Qabus zeigte sich in den vergangenen Jahren kaum noch öffentlich und schickte meistens seine Minister. In der 2011 eröffneten prachtvollen schneeweissen Oper Maskats blieb ein Stuhl seit Jahren leer: der mit rotem Samt überzogene Opernthron des Sultans. Zeitweise musste Kabus sich in Garmisch-Partenkirchen behandeln lassen. In die bayerische Stadt reiste Kabus gerne, dort besass er ein Haus - und kam bis kurz vor seinem Tod immer zurück. Der Mann mit dem akkurat gestutzten weissen Bart litt Medienangaben zufolge an Krebs.
Beliebtes Reiseziel
International positionierte Qabus den Oman als Vermittler zwischen dem Iran und dem Westen. Der Oman gilt auch als Staat, der inoffiziell Kontakte zu Israel pflegt. Im April hatte der Oman die anderen arabischen Staaten dazu aufgerufen, sich um ein Ende der israelischen Existenzängste zu bemühen.
Jährlich zieht es unzählige Touristen in den Wüstenstaat, darunter auch viele aus der Schweiz. Unter den zehn Top-Destinationen tauchen neben Lissabon, New York, Rom , auch der Oman auf – und zwar auf Rang sechs. Erst danach kommen Costa Rica und zuletzt Vietnam, wie eine Reise-Trendliste von «Travelnews» zeigte. (SDA)