Erst kamen die Mäuse, dann setzten sintflutartige Regenfälle und Überschwemmungen Teile Australiens unter Wasser. Nun warnen Experten vor einer wahren Giftspinnen-Plage in der Millionenmetropole Sydney. «Das bevorstehende warme Wetter und hohe Feuchtigkeit sind perfekte Bedingungen für einen Trichternetzspinnen-Boom in den kommenden Tagen», erklärte der Chef des Australian Reptile Park, Tim Faulkner, am Mittwoch.
Durch die Überschwemmungen in der Region um Sydney seien die Tiere aus ihren angestammten Habitaten vertrieben worden und hätten Zuflucht in trockeneren Gebieten gesucht. «Leider könnte dies bedeuten, dass sie sehr bald ihren Weg in Wohnungen und Häuser finden könnten», warnte Faulkner.
In den vergangenen Tagen hatten sich im Internet bereits Aufnahmen von tausenden Spinnen verbreitet, die auf der Flucht vor dem Wasser dicht an dicht an Zäunen und Gebäuden hochkrabbeln.
Bevölkerung soll Spinnen fangen
Sydney-Trichternetzspinnen gehören zu den giftigsten Spinnen der Welt und sind in der Region rund um Sydney zu Hause. Bisher wurden 13 Todesfälle durch Bisse von Trichternetzspinnen aktenkundig. Seit der Einführung eines Gegengift-Programms Anfang der 80er Jahre gab es keine bekannten Todesfälle.
Der nördlich von Sydney gelegene Australian Reptile Park – der das Gegengift herstellt – rief Menschen, «die sich das zutrauen» auf, herumirrende Trichternetzspinnen zu fangen und bei Annahmestellen abzuliefern.
Bei den verheerenden Überschwemmungen im Südosten Australiens hat es ein erstes Todesopfer gegeben. Ein Mann sei im Nordwesten von Sydney in seinem Auto von den Fluten überrascht worden und tot in dem Fahrzeug entdeckt worden, teilte die Polizei am Mittwoch mit.
Die Premierministerin des Bundesstaates New South Wales, Gladys Berejiklian, sagte im Parlament, es sei «schlicht ein Wunder», dass es zuvor angesichts der katastrophalen Lage keine Toten gegeben habe.
Anwohner von der Aussenwelt abgeschnitten
In den Hochwassergebieten im Südosten Australiens ist noch keine Entspannung der Lage in Sicht. In vielen Regionen, so auch im Süden des schwer betroffenen Bundesstaates New South Wales, stiegen die Pegelstände am Dienstag weiter.
Einsatzkräfte waren unter anderem mit Hubschraubern und Booten im Einsatz, um Anwohnern zu helfen, die durch die Wassermassen von der Aussenwelt abgeschnitten waren. Speziell im Gebiet des Colo River stieg das Wasser dramatisch. 500 Menschen wurden aufgefordert, ihre Häuser zu verlassen, wie die Nachrichtenagentur AAP berichtete.
Nach tagelangem Starkregen mussten seit dem Wochenende vor allem nördlich von Sydney 18 000 Menschen in Sicherheit gebracht werden. Die Premierministerin von New South Wales, Gladys Berejiklian, kündigte eine mögliche Evakuierungsorder für weitere Gebiete an, in denen 15'000 Menschen leben.
«Wir müssen irgendwie weitermachen»
Tagelanger Starkregen hatte zuvor zu einem katastrophalen Hochwasser und der Evakuierung ganzer Ortschaften geführt. Häuser, Strassen und Felder versanken in den Fluten. Viele Australier haben alles verloren. «Was können wir tun, wir müssen stark sein», sagte eine Frau aus der Nähe von Sydney, deren Haus mit braunem Wasser vollgelaufen ist. «Ich habe eine 17-jährige Tochter, und sie hat gesehen, wie ich gestern Abend zusammengebrochen bin... Wir müssen irgendwie weitermachen.»
Auch viele Tiere wurden von den Fluten mitgerissen. Im Städtchen Windsor nahe Sydney retteten Helfer einen Emu, der dort als Haustier gehalten wird. Der Laufvogel «Gookie» sei völlig entkräftet aus dem Hawkesbury River gezogen worden, berichtete der Sender 9News.
Berejiklian sprach von einem «Wetterereignis, das alles übersteigt, was wir uns hätten vorstellen können». Es gilt bereits als das schlimmste Hochwasser in New South Wales seit Jahrzehnten. Erst im vergangenen Jahr hatten in der Region verheerende Brände gewütet. Klimaexperten warnten, dass sich schwere Naturkatastrophen in Zukunft immer häufiger wiederholen könnten.
Manche hoffen nun auf blauen Himmel und Sonnenschein
Betroffen war nun auch der Süden von New South Wales an der Grenze zu Victoria. Auch aus dem tropischen Bundesstaat Queensland im Nordosten des Landes wurden am Dienstag Hochwasser und schwere Überschwemmungen gemeldet. Für viele Regionen war noch kein Ende der Niederschläge in Sicht.
Für manche Gebiete aber gab es zumindest vorübergehend ein Licht am Horizont: Das Unwettersystem mit heftigen Niederschlägen und starken Winden bewege sich schnell vorwärts, zitierte die Zeitung «Sydney Morning Herald» die Meteorologin Jane Golding. Dahinter klare es mancherorts auf. «Es scheint unwirklich, aber es wird noch am Nachmittag im Westen von Sydney und an der Küste im Nordosten der Region blauen Himmel und Sonne geben.» Allerdings bleibe die Situation unsicher und gefährlich. (AFP/SDA/jmh)