Die Tessiner Regierung verlängert die zu Beginn umstrittenen Massnahmen im Kampf gegen das Coronavirus um zwei Wochen. Reisefreudige Deutschschweizer sollen ab nächster Woche mittels Strassenkontrollen und Sensibilisierungskampagne von der Sonnenstube der Schweiz ferngehalten werden.
Das teilweise umstrittene Ausgehverbot für über 65-Jährige wird verlängert, und zwar um zwei Wochen bis zum 13. April.
Bussen würden jedoch keine verteilt, hielt der Tessiner Regierungspräsident Christian Vitta an einer Pressekonferenz vom frühen Freitagabend fest. Es gelte jedoch der Grundsatz, dass Menschen über 65 Jahre nicht einkaufen gehen sollen. Die Regierung habe die Verlängerung dieser Massnahme bereits der Landesregierung mitgeteilt.
«Sehr warme Empfehlung»
Gesundheitsminister Alain Berset hatte an der Medienkonferenz des Bundesrates vom Nachmittag gesagt, er verstehe diese Massnahme nicht als Verbot, sondern als «sehr warme Empfehlung» der Tessiner Regierung. Es gelte zu bedenken, dass das Tessin besonders stark von der Pandemie getroffen sei und die Regierung alles unternehme, um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen.
Auch die ursprünglich bis zum 29. März geltende Schliessung aller Industriebetriebe wird bis zum 13. April verlängert. Vitta erinnerte daran, dass Kontrollen vorgenommen würden. Die Regierung sei sich bewusst, dass die Verlängerung der verhängten Massnahmen von der Tessiner Bevölkerung grosse Opfer fordere. Vitta dankte insbesondere der Wirtschaft, welche die Coronakrise hart treffe. Doch die gute Nachricht laute, dass die Massnahmen erste positive Effekte zeigten. Es sei jedoch eine delikate Phase, in der sich das Tessin befinde. «Oberstes Ziel muss sein, unsere Gesundheit und unser Gesundheitssystem zu schützen.»
«Limitierte Normalität»
Auch wenn dereinst die Massnahmen schrittweise gelockert würden, werde eine neue und andere Normalität auf die Bevölkerung warten, mahnte Vitta. In den ersten Monaten nach der Krise würden alle Tessinerinnen und Tessiner mit einer «limitierten Normalität» leben müssen.
Stabschef Matteo Cocchi kündigte an, dass ab nächster Woche zahlreiche Radarkontrollen durchgeführt würden. «Wir haben zu viele Autos in den Tälern, und zu viele, die zu schnell fahren.» Dem Gesundheitssystem könnten nicht auch noch Unfallverletzte zugemutet werden, hielt Cocchi fest.
Strassenkontrollen in Uri und Graubünden
Vor Ostern würden zudem bereits in den Kantonen Uri und Graubünden Strassenkontrollen durchgeführt, um Reisende Richtung Tessin über die Situation im Südkanton zu informieren. Es sei nicht der Moment, in den Südkanton zu reisen, wiederholte Cocchi jene Botschaft, die bereits vom Bund verbreitet worden war. Das Tessin werde seine Freunde aus dem Norden gerne zu einem späteren Zeitpunkt empfangen.
«Wenn ihr uns liebt, bleibt daheim», lautet der Slogan einer Sensibilisierungskampagne, für die auch Moderatorin Christa Rigozzi und Fussball-Nationaltrainer Vladimir Petkovic eingebunden wurden. Der Appell, dem Tessin fernzubleiben, gelte über Ostern hinaus, hielt Cocchi fest.
Ansteckungen «stabil linear»
Kantonsapotheker Giovan Maria Zanini informierte über die Situation des Schutzmaterials. Von allem sei genügend vorhanden, sagte Zanini. Dennoch seien beispielsweise Atemschutzmasken nicht in unbegrenzter Menge verfügbar. Es gelte, das Material korrekt zu verwenden.
Kantonsarzt Giorgio Merlani ordnete zum Schluss der Medienkonferenz die jüngsten Zahlen ein. Die Situation der Ansteckungen im Tessin sei «stabil linear». Aber auch wenn die implementierten Massnahmen Wirkung zeigten, sei das Virus noch immer da draussen. «Deshalb müssen wir vorsichtig sein», mahnte Merlani. Die Pandemie habe mit einer einzigen infizierten Person begonnen. Jetzt seien Menschen in aller Welt mit dem Coronavirus infiziert. (SDA)