Die Chirurgie-Hoffnungen des Zürcher Stadtspitals Triemli erlernen ihr Handwerk auf der Ladefläche eines kleinen Lieferwagens. Auf engstem Raum üben sich vier Assistenzärzte in chirurgischen Eingriffen. Zwei Jungtalente versiegeln gemeinsam gerade eine Gallenblase. Gleich nebenan entfernt eine angehende Chirurgin einen Eierstock.
Blut fliesst keines. Masken tragen alle nur wegen Corona. Die Patienten sind nur Puppen. Vor dem Spital Triemli steht der erste Operationssimulator auf vier Rädern. Eine Weltneuheit. Dank virtueller Bilder aus der Bauchdecke der Puppen können die Assistenzärzte den Eingriff ohne Risiko simulieren und trainieren.
OP-Simulator ist auf «Tour de Suisse»
«Hier können die angehenden Chirurginnen und Chirurgen problemlos Fehler machen und daraus lernen», sagt Peter Sandera, leitender Arzt Chirurgie im Stadtspital Waid und Triemli. Der Computer wertet den Erfolg des Eingriffs sogar selber aus. Für die Assistenzärzte ein wertvolles Learning, das sie später in den OP mitnehmen sollen.
Das ETH-Spinoff «Virtamed» hat den Simulations-Truck in der Coronakrise gebaut. Virusbedingt mussten sämtliche Übungskurse in stationären Einrichtungen gestrichen werden. Trainings an Leichenteilen sind ebenfalls tabu. Zu gross das Ansteckungsrisiko. Assistenzärzte haben daher kaum Möglichkeiten, komplexe chirurgische Eingriffe ohne Risiken zu üben.
«Auf diesem Weg bringen wir die Simulationsgeräte zu den Spitälern», erklärt Martina Vitz, Ausbildungsleiterin von Virtamed. Sie tourt mit dem mobilen Operations-Trainer durch die ganze Schweiz, macht halt in über einem Dutzend Schweizer Spitäler.
Nur der Stress lässt sich nicht simulieren
«Das funktioniert fast besser als im richtigen Leben», sagt eine Assistenzärztin, die gerade einen Gallengang versiegelt. Tatsächlich sieht man auf den Bildschirmen nicht nur woran man arbeitet, sondern spürt auch die Bewegungen der Organe während dem Eingriff. «Es fühlt sich sehr echt an», fasst Chirurg Sandera zusammen.
Total real also? «Nicht ganz», gibt Sandera zu. «Der Stress bei einem Eingriff an einem richtigen Menschen ist natürlich deutlich höher.» Vor allem nicht vorhersehbare Komplikationen, spontane Blutungen und die Hektik im Operationssaal könne keine Puppe simulieren. Aber Sandera bleibt dabei: «Diese Simulatoren bieten eine hervorragende Übungsmöglichkeit für angehende Chirurgen.»