Überwachungsvideo
Hier schiesst sich der Terrorist in den Club

Das neue Jahr beginnt in Istanbul so bitter, wie das alte geendet hat: Mit Terror - und mit Toten. Mindestens ein Bewaffneter schoss in der Silvesternacht im Istanbuler Club Reina, in dem Hunderte Menschen feierten, um sich. Mindestens 39 Menschen sterben.
Publiziert: 01.01.2017 um 01:40 Uhr
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Aktualisiert: 07.10.2018 um 10:54 Uhr

Die Türkei ist 2016 von einem Terroranschlag nach dem andern erschüttert worden. Gerade einmal 75 Minuten dauert es, bis auch 2017 zum Alptraum wurde.

Hunderte feiern in einem Istanbuler Club friedlich ins Neue Jahr. Doch 2017 ist noch keine zwei Stunden alt, da dringt ein Bewaffneter in den Club ein und schiesst um sich. 39 Menschen sterben. Auch Stunden nach dem Angriff ist der Täter noch flüchtig.

Ein Überwachungsvideo des Clubs kursiert im Internet. Es zeigt, wie der Täter sich den Zugang zum Lokal freischiesst. Der Angreifer ist dunkel gekleidet und trägt eine dunkle Mütze mit Pompom.

Ein Standbild aus dem Überwachungsvideo des Clubs.
Foto: imago

Die türkische Polizei hat ein verpixeltes Bild des angeblichen Täters veröffentlicht. Woher die Aufnahme stammt, ist unklar. 

Dieses Bild des angeblichen Täters hat die türkische Polizei den Medien zur Verfügung gestellt.
Foto: imago

Eine Anti-Terror-Spezialeinheit hatte bereits am frühen Abend qualitativ bessere Fotos von einem angeblichen Verdächtigen auf ihrem Twitter-Kanal veröffentlicht. Inzwischen wurde der Tweet entfernt. Der Mann hatte sich der Polizi gestellt. Es stellte sich heraus, dass er nichts mit er Bluttat zu tun hatte.

Zahlreiche Ausländer unter den Opfern

Mindestens ein bewaffneter Angreifer drang in den bekannten Club Reina am Bosporusufer ein, erschoss am Eingang einen Polizisten und Zivilisten und richtete dann ein Blutbad unter den Feiernden an. Neben den 39 Toten wurden nach Regierungsangaben 65 Menschen verletzt. Unter den Opfern sind zahlreiche Ausländer.

Bisher bekannte sich niemand zu der Bluttat. «Das ist ein Terrorangriff», sagte Istanbuls Gouverneur Vasip Sahin.

Ministerpräsident Binali Yildirim sagte, die Behörden arbeiteten mit Hochdruck daran, die Identität des Täters festzustellen. Er dementierte Medienberichte, wonach der Angreifer ein Weihnachtsmannkostüm getragen habe. Es könne sein, dass der Angreifer seine Waffe im Club gelassen und sich im Tumult unter die Flüchtenden gemischt habe.

Einer oder zwei Angreifer?

Innenminister Süleyman Soylu sagte, Ermittlungen der Sicherheitskräfte deuteten darauf hin, dass es sich nur um einen Schützen gehandelt habe.

Die Nachrichtenagentur DHA hatte zuvor gemeldet, zwei als Weihnachtsmänner verkleidete Terroristen seien in den Club eingedrungen und hätten das Feuer mit automatischen Waffen eröffnet. Auch eine Augenzeugin sprach von zwei Angreifern.

DHA berichtete weiter, zum Zeitpunkt des Angriffs seien 700 bis 800 Menschen im Club gewesen. Einige seien in den Bosporus gesprungen, um dem Angriff zu entkommen, berichteten Augenzeugen. Sie seien von Polizisten gerettet worden.

Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan kündigte an, weiter entschlossen gegen den Terrorismus zu kämpfen. Die Türkei werde alles tun, um «die Sicherheit und den Frieden ihrer Bürger zu gewährleisten». Ziel der Terroristen sei es, «Chaos» zu stiften.

20 Tote identifiziert

Innenminister Soylu sagte, 20 der 39 Toten seien identifiziert worden. Bei ihnen handle es sich um 15 Ausländer und 5 Türken. Medienberichten und Angaben der jeweiligen Regierungen zufolge sind unter den Opfern Menschen aus Saudi-Arabien, Marokko, dem Libanon, Libyen, Tunesien, Frankreich, Israel und Indien.

Schweizer sind nach bisherigen Erkenntnissen der lokalen Behörden nicht unter den Opfern, wie das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten mitteilte.

International wurde das Attentat scharf verurteilt. Die US-Regierung sprach von einer Gräueltat ausgerechnet an Silvester, was die Brutalität der Angreifer nur noch unterstreiche. Bundeskanzlerin Angela Merkel bezeichnete in einem Beileidsschreiben an Erdogan das Attentat als «menschenverachtenden und hinterhältigen Anschlag».

Aussenminister Didier Burkhalter drückte nach dem Angriff seinem türkischen Amtskollegen Mevlüt Cavusoglu seine Betroffenheit aus, wie ein Sprecher mitteilte.

17'000 Polizisten im Einsatz

Zum Schutz vor Anschlägen waren in der Silvesternacht türkischen Medienberichten zufolge 17'000 Polizisten in Istanbul im Einsatz. Der Chef des angegriffenen Clubs Reina sieht keinen Mangel an Sicherheitsvorkehrungen.

Die türkische Polizei habe schon seit etwa zwei Wochen ihre Präsenz in Ortaköy, wo der angesagte Club liegt, und den umliegenden Vierteln verstärkt, teilte Mehmet Kocarslan mit. Auch auf dem Bosporus habe die Küstenwache alle nötigen Vorkehrungen getroffen.

Doppelanschlag erst drei Wochen her

Schon 2016 hatte die Türkei eine ganze Reihe verheerender Anschläge verkraften müssen. Erst vor drei Wochen waren bei einem Doppelanschlag in Istanbul 45 Menschen getötet worden, die meisten davon Polizisten. Dazu hatte sich die TAK bekannt, eine Splittergruppe der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK. Die TAK und die PKK greifen vorrangig Sicherheitskräfte an.

Der Zeitung «Hürriyet» zufolge waren am Silvestertag acht Kämpfer der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Ankara festgenommen worden, die einen Anschlag in der Nacht geplant haben sollen.

Türkische Truppen sind derzeit in Nordsyrien in heftige Gefechte mit dem IS verwickelt. Nach dem türkischen Einmarsch im August hatte IS-Anführer Abu Bakr al-Bagdadi im November zu Anschlägen in der Türkei aufgerufen. (SDA/noo)

Schwere Anschläge in der Türkei: Eine Chronologie

Dezember: Bei einem Doppelanschlag im Istanbuler Stadtteil Besiktas nahe einem Fussballstadion sterben am 10. Dezember mindestens 44 Menschen, überwiegend Polizisten. Zu den Anschlägen bekennt sich die TAK, eine Splittergruppe der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK. Eine Woche später kommen in der zentraltürkischen Stadt Kayseri bei einem Selbstmordanschlag mindestens 13 Soldaten ums Leben. Der Attentäter soll eine Autobombe neben einem Bus mit Militärangehörigen gezündet haben.

November: Bei einem Autobombenanschlag in der südosttürkischen Kurdenmetropole Diyarbakir werden mindestens elf Menschen getötet, die meisten davon Zivilisten. Erstmals übernimmt die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) die Verantwortung. Auch die TAK bekennt sich zu der Tat. Zu der Explosion war es kurz nach den Festnahmen von zwölf Abgeordneten der pro-kurdischen HDP gekommen.

Oktober: In der südosttürkischen Provinz Hakkari bringt ein Attentäter einen mit Sprengstoff beladenen Kleinlaster vor einem Kontrollposten der Gendarmerie zur Explosion. Bei dem Selbstmordanschlag der PKK kommen 16 Menschen ums Leben.

August: Ein Attentäter sprengt sich inmitten einer kurdischen Hochzeitsfeier in der südtürkischen Stadt Gaziantep in die Luft. Es gibt mehr als 50 Tote.

Juni: Am internationalen Terminal des Atatürk-Flughafens in Istanbul sprengen sich drei Selbstmordattentäter in die Luft. Sie reissen 45 Menschen mit in den Tod. Die türkische Regierung macht den IS dafür verantwortlich.

März: Bei einem Autobombenanschlag in der Hauptstadt Ankara werden mindestens 37 Menschen getötet. Zu dem Anschlag bekennt sich die TAK.

Februar: Bei einem Bombenanschlag auf einen Militärkonvoi im Regierungsviertel von Ankara sterben 30 Menschen, darunter der Selbstmordattentäter. Zu dem Attentat bekennt sich die TAK.

Januar: Bei einem Anschlag im historischen Zentrum Istanbuls werden zwölf Deutsche getötet. Der Angreifer sprengt sich mitten in einer deutschen Reisegruppe in die Luft. Er gehörte nach Angaben der türkische Regierung dem IS an.

Oktober 2015: Am Rande einer regierungskritischen Demonstration in der Hauptstadt Ankara reissen zwei Sprengsätze mehr als 100 Menschen in den Tod. Die Staatsanwaltschaft macht den IS dafür verantwortlich. (SDA)

Dezember: Bei einem Doppelanschlag im Istanbuler Stadtteil Besiktas nahe einem Fussballstadion sterben am 10. Dezember mindestens 44 Menschen, überwiegend Polizisten. Zu den Anschlägen bekennt sich die TAK, eine Splittergruppe der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK. Eine Woche später kommen in der zentraltürkischen Stadt Kayseri bei einem Selbstmordanschlag mindestens 13 Soldaten ums Leben. Der Attentäter soll eine Autobombe neben einem Bus mit Militärangehörigen gezündet haben.

November: Bei einem Autobombenanschlag in der südosttürkischen Kurdenmetropole Diyarbakir werden mindestens elf Menschen getötet, die meisten davon Zivilisten. Erstmals übernimmt die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) die Verantwortung. Auch die TAK bekennt sich zu der Tat. Zu der Explosion war es kurz nach den Festnahmen von zwölf Abgeordneten der pro-kurdischen HDP gekommen.

Oktober: In der südosttürkischen Provinz Hakkari bringt ein Attentäter einen mit Sprengstoff beladenen Kleinlaster vor einem Kontrollposten der Gendarmerie zur Explosion. Bei dem Selbstmordanschlag der PKK kommen 16 Menschen ums Leben.

August: Ein Attentäter sprengt sich inmitten einer kurdischen Hochzeitsfeier in der südtürkischen Stadt Gaziantep in die Luft. Es gibt mehr als 50 Tote.

Juni: Am internationalen Terminal des Atatürk-Flughafens in Istanbul sprengen sich drei Selbstmordattentäter in die Luft. Sie reissen 45 Menschen mit in den Tod. Die türkische Regierung macht den IS dafür verantwortlich.

März: Bei einem Autobombenanschlag in der Hauptstadt Ankara werden mindestens 37 Menschen getötet. Zu dem Anschlag bekennt sich die TAK.

Februar: Bei einem Bombenanschlag auf einen Militärkonvoi im Regierungsviertel von Ankara sterben 30 Menschen, darunter der Selbstmordattentäter. Zu dem Attentat bekennt sich die TAK.

Januar: Bei einem Anschlag im historischen Zentrum Istanbuls werden zwölf Deutsche getötet. Der Angreifer sprengt sich mitten in einer deutschen Reisegruppe in die Luft. Er gehörte nach Angaben der türkische Regierung dem IS an.

Oktober 2015: Am Rande einer regierungskritischen Demonstration in der Hauptstadt Ankara reissen zwei Sprengsätze mehr als 100 Menschen in den Tod. Die Staatsanwaltschaft macht den IS dafür verantwortlich. (SDA)

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