16,5 Millionen Franken Schulden, 130 Goldbarren und Luxusgüter en masse – über 20 Jahre hinweg gab der erfolgreiche Berner Unternehmer, der ein Personalvermittlungsbüro betrieb, sich als armer Schlucker aus. Und zog dem Bund, dem Kanton und der Stadt Bern Geld aus der Tasche. Jetzt stand er vor Gericht.
Der Mann wurde zu einer Freiheitsstrafe von 57 Monaten, also vier Jahren und neun Monaten, verurteilt. Die Strafe ist unbedingt zu vollziehen. Weiter wurde dem Mann eine Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu 30 Franken und eine Busse von 400 Franken aufgebrummt.
Die Frau, die als Gehilfin und nur teilweise als Mittäterin angesehen wurde, wurde zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt.
Luxusgüter zu Hause gebunkert
In den wesentlichen Punkten kam das Gericht zum Schluss, dass der einst durchaus erfolgreiche Unternehmer seit Ende der 1990-er Jahre keine Steuern mehr zahlte. Statt die sich auftürmenden Steuerschulden zu begleichen, habe er ein Millionenvermögen vor den Behörden versteckt, sich als armer Schlucker ausgegeben und Sozialhilfe und Ergänzungsleistungen bezogen.
Ausserdem soll der Mann versucht haben, von den Steuerbehörden Verlustscheine weit unter Wert zurückzukaufen. In letzter Minute platzte der faule Deal, Steuerschulden in Millionenhöhe mit einer einmaligen Zahlung von 25'000 Franken zu tilgen.
Die Staatsanwaltschaft klagte den Mann des Pfändungsbetrugs, versuchten Betrugs und weiterer weniger gravierender Delikte an. Die Frau sei seine Mittäterin gewesen. Die Verteidiger hatten Freisprüche für ihre Mandanten gefordert. Die Berner Behörden hätten besser kontrollieren sollen, so die Quintessenz ihrer Argumentation.
Angeklagter war «dreist», «frech», «unverfroren»
Doch davon wollte Gerichtspräsidentin Barbara Lips am Donnerstag nichts wissen. Die Behörden hätten getan, was ihnen im Rahmen des Rechtsstaates möglich gewesen sei. Ein Rechtsstaat zeichne sich eben gerade auch dadurch aus, dass er seinen Bürgerinnen und Bürger nicht einfach mit einem Generalverdacht entgegentrete. Ein solches System könnte man missbrauchen, doch Missbrauch werde gesetzlich bestraft.
Der Angeklagte habe ganz klar sein Vermögen verheimlicht und falsche Angaben gemacht. Dreist, frech und unverfroren: das waren Worte, die die Gerichtspräsidentin in ihrer Urteilsbegründung benutzte, um das Verhalten zu umschreiben.
Der Mann habe bei den Behörden hartnäckig immer das Maximum für sich selber herausholen wollen, sei egoistisch und nur auf seinen Vorteil bedacht. Er habe sich jahrelang über das Recht gestellt und auch noch während des schon laufenden Strafverfahrens delinquiert. Das müsse Konsequenzen haben. Seine Partnerin habe ihn unterstützt und ihm, jedenfalls in manchen Fällen, geholfen.
Zwei Porsches und 200 Luxus-Handtaschen
Die Steuerschulden des Mannes führten zu zahlreichen Pfändungsverfahren. Bei ihm sei nichts zu holen, liess der Mann die Behörden jeweils wissen. Die Pfändungen endeten mit Verlustscheinen in der Höhe von gegen 16 Millionen Franken.
Als die Behörden dem Mann auf die Schliche kamen, stiess die Polizei bei einer Hausdurchsuchung unter anderem auf zwei Porsches, rund 200 Taschen von Luxusmarken wie Dior oder Chanel, Uhren, Münzen, eine Weinsammlung und Golfartikel. Auch Gold soll der Mann in grösseren Mengen gekauft haben.
Das Gericht auferlegte dem Mann Ersatzforderungen der Behörden von einer Million Franken, der Frau brummte das Gericht 250'000 Franken auf. Die beschlagnahmten Gegenstände werden zum Schuldenabbau verwertet.
Das Urteil des Wirtschaftsstrafgerichts ist noch nicht rechtskräftig. Es kann noch an die nächsthöhere Instanz weitergezogen werden. Ob dies geschieht, ist noch offen, wie die beiden Verteidiger der Nachrichtenagentur Keystone-SDA sagten.
Das Urteil des Wirtschaftsstrafgerichts liegt in etwa auf der Linie der Staatsanwaltschaft. Bis zum Vorliegen eines rechtskräftigen Urteils gilt für das Paar die Unschuldsvermutung.