Mietwucher
Vermieter der Zürcher «Gammelhäuser» erhält bedingte Strafe

Das Bezirksgericht Zürich hat einen 53-jährigen Unternehmer zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 24 Monaten verurteilt. Er war Eigentümer der drei als «Gammelhäuser» bekannnt gewordenen Liegenschaften im Zürcher Langstrassenquartier.
Publiziert: 01.07.2020 um 10:32 Uhr
Ein Wohnzimmer in einem der Gammelhäuser im Januar 2017. (Archivbild)
Foto: WALTER BIERI

Kurzer Prozess am Mittwoch vor dem Bezirksgericht Zürich: Das Bezirksgericht verurteilte den früheren Eigentümer und Vermieter der heruntergekommenen Wohnungen sowie zwei seiner Gehilfen im abgekürzten Verfahren zu Freiheitsstrafen auf Bewährung.

Dem 53-jährigen Schweizer wurde vorgeworfen, jahrelang Wohnungen, die nicht nur klein und spärlich eingerichtet sondern auch in sehr schlechtem Zustand waren, zu horrenden Preisen an Randständige vermietet zu haben. In etlichen Fällen bezahlte das Sozialamt der Stadt Zürich die Miete.

Das Bezirksgericht verurteilte den Mann wegen gewerbsmässigen Wuchers, mehrfacher Nötigung und weiterer Delikte zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten auf Bewährung. Die Probezeit beträgt zwei Jahre. Er komme damit «mit einem blauen Auge davon», sagte der Richter bei der Urteilseröffnung.

Mit etwas mehr als 1000 Franken für eine Einzimmerwohnung reizte der Vermieter das Maximum aus, welches das Sozialamt zur Unterbringung einer Einzelperson zu zahlen bereit war. Die Mieter hatten auf dem «normalen» Wohnungsmarkt kaum Chancen auf eine Bleibe.

2015 sorgte der Fall landesweit für Schlagzeilen und die Liegenschaften erhielten den Übernamen «Gammelhäuser». Bilder von verschimmelten sanitären Einrichtungen, heruntergekommenen Treppenhäusern und defekter Einrichtung sorgten für Empörung.

Da in den Liegenschaften auch mit Drogen gehandelt wurde und es zu Gewalt kam, war die Polizei Dauergast.

Die Staatsanwaltschaft beziffert den Anteil der überhöhten Mieteinnahmen für den Zeitraum von 2012 bis 2015 auf rund 750'000 Franken. Neben der Freiheitsstrafe auf Bewährung akzeptierte der Immobilienunternehmer auch verschiedene finanzielle Forderungen wie Rückzahlungen und Schadenersatzforderungen.

Sollte von den rund 1,3 Millionen Franken, welche die Polizei bei dem Verurteilten beschlagnahmte, nach der Begleichung aller Forderungen noch etwas übrig bleiben, bekommt er es zurück.

Am Hungertuch nagen wird er allerdings so oder so nicht müssen: Er bezifferte sein Vermögen vor Gericht auf rund 30 bis 40 Millionen Franken. Der grösste Teil davon stecke über seine Immobilienfirma in Hotels, die er verpachtet habe. Aufgrund der Corona-Pandemie erwarte er aber Ertragseinbussen.

Weniger gut dran sind eine frühere Verwalterin und ein früherer Hauswart der «Gammelhäuser». Die Verwalterin lebt unter anderem von einer Teil-IV-Rente, der Hauswart verlor gesundheitlich bedingt kürzlich seine Stelle.

Die Verwalterin erhielt eine bedingte Freiheitsstrafe von 14 Monaten. Die bedingte Freiheitsstrafe für den Hauswart fiel mit 24 Monaten gleich hoch aus wie für den Hauptbeschuldigten. Der Hauswart war der «Mann fürs Grobe» im Geschäftsmodell der «Gammelhäuser": Er zog die Mieten in bar ein und drohte den Mietern, die mit den Zahlungen im Verzug waren.

Seine Strafe fiel unter anderem deshalb relativ hoch aus, weil er früher auch schon wegen Sozialhilfebetrugs verurteilt wurde. Die Stadt hat die «Gammelhäuser» 2017 gekauft und umfassend saniert.

(SDA)

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