Die Frühlingsferien sind schon zur Hälfte vorbei, als Marilyn F.* (†42) mit Ehemann Mario (41) und den beiden Kindern (10 und 13) am letzten Freitag zu ihren Hausboot-Ferien nach Italien aufbricht. Eine Woche will die Familie im Süden geniessen. Die Zürcher gehen am Montag unweit von Treviso (I) an Bord eines Hausboots. Nur Stunden später endet ihre Reise im Albtraum.
Die Familie schippert anfangs entspannt in Richtung der Lagune von Venedig. Vater Mario steuert den Kahn durch die Kanäle. Die Route führt durch die malerische Gegend entlang der Sile. Für den Banker ist es nicht das erste Mal, dass er ein Hausboot steuert. Ruhige Routine.
Die Kinder müssen alles mitansehen
Gegen 15.30 Uhr erreicht die Familie das Adria-Ziel Jesolo. Zwei Zugbrücken müssen sie auf ihrem Weg in Richtung Süden passieren. Erst die Ponte della Vittorio und die rund 200 Meter entfernte Ponte San Giovanni. Der Fluss führt viel Wasser – die Sile ist wegen der vergangenen Regenfälle stark angeschwollen.
Bei der ersten Brücke läuft noch alles nach Plan. Doch dann kommt es zum Drama. Das Boot droht urplötzlich mit der Ponte San Giovanni zu kollidieren. Die gelernte Kleinkinderzieherin Marilyn F. will den Crash abwenden – mit blossen Händen versucht sie das Boot zu stoppen. Ein fataler Fehler: Sie wird zwischen Brücke und Boot zerquetscht. Marilyn F. ist auf der Stelle tot. «Die Kinder mussten alles mitansehen. Sie weinten, als wir kamen. Der Mann stand unter Schock», sagt ein Feuerwehrmann, der bei der Bergung dabei war, zu BLICK.
Vater der Toten erfährt es vom Schwiegersohn
Die Nachricht vom Tod seiner Tochter Marilyn erreicht den Zürcher Architekten Manfred S.* (75) nur Minuten nach dem schrecklichen Unglück. «Mario hat mich gleich angerufen und erzählt, was passiert ist», sagt S. gestern zu BLICK. «Ich mache meinem Schwiegersohn keine Vorwürfe.» Dennoch ist der Vater untröstlich: «Es ist schlimm, wenn man sein Kind verliert. Das sollte nicht sein.»
Auch Freunde und Bekannte stehen unter Schock. «Das ist unfassbar tragisch», sagt Auftragsplaner Ramiz Fazli (37). Er kannte Marilyn F. gut, nachdem er vor fünf Jahren ihr Elternhaus gekauft hatte. Mit Vater Manfred S. hatte Fazli von Berufs wegen zu tun. «Sie war so eine herzliche und liebenswerte Frau», sagt auch Ex-Nachbarin Yvonne B. (70).
Italiener ermitteln wegen fahrlässiger Tötung
Die beiden Kinder sind jetzt Halbwaisen. Und als wäre das Drama nicht gross genug, ermitteln die italienischen Behörden nun auch noch gegen ihren Vater Mario F. – wegen fahrlässiger Tötung. Er musste bei den Ermittlern eine Blut- und Urinprobe abgeben.
Der Banker hat mittlerweile eine Anwältin eingeschaltet. «Mein Mandant hat erklärt, dass er den Rückwärtsgang einlegte, um das Boot aufzuhalten. Das Boot sei aber dennoch weitergefahren. Es muss nun geklärt werden, ob das Hausboot technisch in Ordnung oder vielleicht defekt war», sagt Anwältin Paola Nardini (58) zu BLICK.
Der Familienvater ist am Mittwochabend mit seinen beiden Kindern in die Schweiz zurückgekehrt. Wann der Leichnam von Mutter Marilyn zurück in die Schweiz kommt und die Familie gemeinsam Abschied nehmen kann, ist noch unklar.
*Namen geändert