In einem der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vorliegenden Brief an die Bundestagsabgeordneten von CDU und CSU schlägt Brinkhaus vor, den neuen Fraktionschef am 15. Februar zu wählen, in der nächsten regulären Sitzungswoche des Bundestages. Dass die Unionsabgeordneten dann Merz wählen, gilt als sicher. Der künftige CDU-Chef wird damit auch Oppositionsführer im Parlament.
Brinkhaus war ursprünglich bis Ende April gewählt worden. Mit seinem Schritt vermeidet er vor den wichtigen Abstimmungen im Saarland, in Schleswig-Holstein und in Nordrhein-Westfalen im März und Mai einen neuerlichen Machtkampf in der CDU. Die CDU-Regierungschefs in den drei Bundesländern ringen um ihre Wiederwahl. In der Union war befürchtet worden, dass neue interne Streitigkeiten Anhänger der Christdemokraten gerade nach den Machtkämpfen der vergangenen Jahre - etwa um den CDU-Vorsitz und um die Kanzlerkandidatur - abgeschreckt hätten.
Spitzenpolitiker der Union äusserten sich anerkennend über den Schritt von Brinkhaus. CDU-Noch-Generalsekretär Paul Ziemiak schrieb bei Twitter: «Grossen Respekt für @rbrinkhaus und danke für die gute Arbeit als Vorsitzender der @cducsubt in schwierigen Zeiten.» In der ZDF-Sendung «Markus Lanz» begrüsste Ziemiak, dass jetzt Klarheit herrsche und es zu keinem Konflikt komme. «Friedrich Merz macht beides. Das wird auch einiges natürlich vereinfachen, wenn man Parteivorsitz und Fraktionsvorsitz in einer Hand hat.» CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt erklärte via Twitter: «Das ist eine zukunftsweisende und höchst respektable Entscheidung von Ralph Brinkhaus. Er stellt sich damit voll in den Dienst von Fraktion und Partei. Das verdient grössten Respekt und Anerkennung.»
Merz war vergangenen Samstag bei einem Parteitag von den Delegierten mit einem sehr guten Ergebnis zum künftigen CDU-Vorsitzenden gewählt worden. Zuvor hatte er sich bei einer Mitgliederbefragung gegen zwei Konkurrenten durchgesetzt. Die Wahl muss noch durch eine Briefwahl bestätigt werden. Deren Ergebnis wird am Montag bekannt gegeben.
Merz hatte bis zuletzt offen gelassen, ob er auch nach dem Amt des Fraktionschefs greift, um sich die Rolle des Oppositionsführers im Bundestag zu sichern. So hatte es 2002 die damalige CDU-Chefin Angela Merkel gemacht - und Merz nach nur zwei Jahren von diesem Posten verdrängt.
Merz hatte noch am Samstagabend im ZDF zum Fraktionsvorsitz gesagt: «Das ist eine Frage, die im Augenblick nicht auf der Tagesordnung steht. Und wenn sie auf der Tagesordnung steht, besprechen wir sie.» Auf die Frage, ob das Wahlergebnis ihm dazu Rückenwind gebe, ergänzte er: «Das ist jedenfalls kein Gegenwind.» Brinkhaus hatte kürzlich noch gesagt: «Wenn die Fraktion das wünscht und wenn die Fraktion mich wählt, dann werde ich das also auch gerne nach dem 30. April weitermachen.»
Auch Merz äusserte sich noch am Abend anerkennend über den Verzicht von Brinkhaus. «Auch wenn wir in der Sache unterschiedlicher Auffassung waren, so danke ich Ralph Brinkhaus für seine Bereitschaft, die beiden Aufgaben des Vorsitzenden in Partei und Fraktion in eine Hand zu legen», erklärte Merz auf dpa-Anfrage. Er ergänzte: «Wir bündeln damit die Arbeit in Partei und Fraktion.» Brinkhaus bleibe «aktives und wichtiges Mitglied unserer Bundestagsfraktion, ich werde seine Fähigkeiten und seine Unterstützung gern in Anspruch nehmen.»
Brinkhaus schrieb, Merz habe ihn darüber informiert, dass er sich in jedem Falle für den Fraktionsvorsitz bewerben werde. «Es ist kein Geheimnis, dass bezüglich des Fraktionsvorsitzes zwischen Friedrich Merz und mir unterschiedliche Auffassungen bestehen, die wir auch nicht ausräumen konnten. Ich denke, wir beide haben gute Gründe für unsere Positionen», heisst es in dem Brief weiter. «Es darf kein Dissens werden, der der Union schadet - insbesondere angesichts der anstehenden Landtagswahlen, deren Ergebnisse für uns so entscheidend sind.» Er schlage daher vor, schnell Klarheit zu schaffen und die Ende April anstehende Wahl des Fraktionsvorsitzenden «auf die nächste Plenarwoche, das heisst auf den 15. Februar 2022, vorzuziehen». Er selbst werde dann nicht mehr kandidieren.
(SDA)