Sie sehen aus wie harmlose Kritzeleien: Klein und meistens kaum zu entziffern. Die Gaunerzinken sind Geheimcodes von Einbrecher-Banden aus Osteuropa. An Häusern in Liechtenstein tauchen sie jetzt wieder vermehrt auf.
Die Zinken liefern dreisten Dieben wichtige Informationen für einen geplanten Einbruch. Ein Kreis mit zwei Strichen sagt über ein ausspioniertes Objekt: «Vorsicht, Leute rufen die Polizei!», gleich daneben ist eine liegende Leiter eingezeichnet. Die Aussage für Kenner: «Hier gibt es etwas zu holen!» Dazu gibt der Einbrecher den Tipp ab, nachts ins Haus einzusteigen.
Unterschiedliche Kulturen, unterschiedliche Codes
Im Fürstentum wurden der Polizei innert kurzer Zeit zehn Gaunerzinken gemeldet. Nicht immer ist der Code für die Ermittler verständlich: «Es gibt unzählige dieser Zeichen und sie sind absolut individuell. Jede Gruppierung verwendet eigene Markierungen», sagt Sibylle Marxer, Sprecherin der Liechtensteiner Landespolizei zu BLICK.
Kurios: Auf der anderen Seite der Grenze im Kanton St. Gallen wurde die Masche lange nicht mehr beobachtet. Auch im Thurgau kommen Gaunerzinken nur selten vor. Trotzdem sei Vorsicht geboten: «In den meisten Fällen dürften Betroffene die Gaunerzinken gar nicht als solche erkennen», warnt Matthias Graf, Sprecher bei der Thurgauer Polizei. Viele denken, es handle sich um harmlose Schmierereien von Kindern. Dabei sind Gaunerzinken ein altbekanntes Phänomen: Schon im 12. Jahrhundert verwendeten Fahrende und Bettler die Zeichen, um an fremden Orten mitzuteilen, wo es Mahlzeiten oder ein Bett für die Nacht gibt.
Gaunerzinken dokumentieren und melden
Mittlerweile beanspruchen Kriminelle den Code für sich. Wer verdächtige Kritzeleien an seinem Wohnort bemerkt, soll diese fotografieren und der Polizei melden, sagt Sibylle Marxer. Viel wichtiger: Die Zeichen wegwischen, damit die eigenen vier Wände nicht zum Einbruchsziel werden!