In Beirut, dem Hauptort der seit Tagen anhaltenden Proteste, sangen viele laut die Nationalhymne. Eine der Mitorganisatorinnen, Julie Tegho Bou Nassif, bezeichnete die ungewöhnliche Demonstration als «Erfolg". Sie habe gezeigt, dass «wir ein Volk sind und uns lieben», sagte die 31-jährige Geschichtsprofessorin der Nachrichtenagentur AFP.
Die Proteste hatten sich am 17. Oktober an der Ankündigung der Regierung entzündet, WhatsApp-Anrufe zu besteuern. Inzwischen richten sie sich jedoch gegen die Eliten des Landes, denen es in den 30 Jahren seit Ende des Bürgerkriegs nicht gelungen ist, den Alltag der Menschen zu verbessern.
Viele Demonstranten geben der religiösen und ideologischen Zersplitterung der herrschenden Klasse die Schuld an der Misere des libanesischen Alltags. Sie halten deren Vertreter für korrupt und inkompetent und werfen ihnen vor, von Eigeninteressen getrieben zu sein.
Die vorwiegend jungen Organisatoren der Proteste fordern einen kompletten Wechsel des politischen Systems. Zugeständnisse der Einheitsregierung von Ministerpräsident Saad Hariri reichen ihnen nicht mehr aus.
(SDA)