Lauber als Zeuge vor Bundesstrafgericht
Dieser Auftritt war ihm peinlich

Bundesanwalt Michael Lauber musste vor Bundesstrafgericht aussagen. Der Fall Viktor K., um den es dort ging, ist für den obersten Schweizer Ankläger mehr als peinlich.
Publiziert: 01.06.2019 um 23:54 Uhr
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Aktualisiert: 24.01.2024 um 00:07 Uhr
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In einer Limousine fuhr Bundesanwalt Michael Lauber am Freitag ans Bundestrafgericht in Bellinzona.
Foto: Remy Steinegger
Cyrill Pinto

Wortlos kam er, wortlos verschwand er wieder. Bundesanwalt Michael Lauber (53) reiste am Freitag im Fond
einer Bundeslimousine ins Tessin, um vor dem Bundesstrafgericht in Bellinzona als Zeuge auszusagen. In dem Verfahren geht es um einen Ermittler und Russland-Spezialisten im Auftrag der Bundesanwaltschaft, der sich wegen Vorteilnahme verantworten muss.

Dabei steht der oberste Schweizer Ankläger ohnehin schon wegen der Fifa-Affäre unter Druck. Wegen nicht protokollierter Treffen mit Fifa-Chef Infantino läuft gegen ihn ein Disziplinarverfahren. Seine Wahl durch das Parlament für 
eine dritte Amtszeit wurde auf die Herbstsession verschoben.

Der Fall von Viktor K.* um bezahlte Ausflüge der Schweizer Ermittler in Russland passt nicht in Laubers Agenda. Eigentlich hätte man ihn per Strafbefehl erledigen wollen. Weil der beschuldigte Bundespolizist K. diesen jedoch anfocht, wird sein Fall nun öffentlich am Bundesstrafgericht verhandelt – inklusive Befragung von Lauber und K.s 
direktem Vorgesetzten, dem leitenden Staatsanwalt des Bundes, Patrick Lamon.

Experte mit guten Beziehungen

Russland-Ermittler K. war formell bei der Bundeskriminalpolizei im Bundesamt für Polizei (Fedpol) angestellt. Effektiv war er der Bundesanwaltschaft unterstellt. Von Fall zu Fall arbeitete er anderen Staatsanwälten zu, deren Fälle Russland betrafen.

Als Experte mit vielen guten Beziehungen zu Ermittlern und sehr 
guten Russischkenntnissen wurde K. in fast allen Verfahren der Bundesanwaltschaft konsultiert, die 
einen Bezug zu Russland hatten – bis er bei seinen Auftraggebern in Ungnade fiel.

Auslöser war ein Jagdausflug des Ermittlers auf die Halbinsel Kamtschatka im Dezember 2016. K.s Vorgesetzer Lamon sagte vor Gericht aus, er hätte eine solche Reise nie angenommen – seinem Ermittler hätte dies klar sein müssen. K. habe ihm auch nach seiner Rückkehr gestanden, «eine Dummheit begangen zu haben».

Eine Reise unter vielen

Für den Beschuldigten war die Reise auf die russische Halbinsel eine unter vielen. Bereits 2014 und 2015 verbrachte er auf Einladung der Russen – laut K. mit mündlicher Zustimmung Lamons – einige Tage in einem Jagdresort an der Wolga, damals ohne Folgen.

Überhaupt: Einladungen und Geschenke sind bei Arbeitstreffen im Ausland offenbar üblich. Aber in Russland gingen die Zuwendungen weit über das Übliche hinaus, wie sich bei der Befragung Lamons durch Richter Emanuel Hochstrasser (66) zeigte.

«Wurden Sie ins Bolschoi-Theater eingeladen?», fragte der Richter. «Ja», musste Lamon zugeben. «Sind Sie mit Putins Privatjet geflogen?» «Mit einem Staatsflugzeug», korrigierte Lamon, sichtlich genervt. «Waren Sie auf einer Bootstour auf der Moskwa?» Lamon: «Die Tour war Teil einer Konferenz von Staatsanwälten aus ganz Europa.»

Eine heikle Gratwanderung

Es sei immer eine heikle Gratwanderung, wenn man dienstlich im Ausland unterwegs sei, erklärte Lamons Chef Michael Lauber 
in seiner Befragung als Zeuge. Wenn man eine Einladung ablehne, könne man die Gastgeber vor den Kopf stossen – das wolle man nicht. Nachtessen und Führungen seien in Ordnung. Allzu grosse Geschenke gebe man nach der Rückkehr in die Schweiz bei der Botschaft des jeweiligen Landes zurück.

Lauber, daran liess sein Auftritt keinen Zweifel, ist das Verfahren gegen seinen Duzfreund mehr als peinlich. Vor oder nach der Zeugenaussage beantwortete er keine Fragen und reiste wortlos ab.
Am Dienstag geht der Prozess gegen Ermittler K. weiter – dann ohne Lauber. 

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