Eiszeiten traten in den vergangenen 2,6 Millionen Jahren der Erdgeschichte in bestimmten Abständen regelmässig auf, was mit der Umlaufbahn der Erde um die Sonne zusammenhängt.
Vor ungefähr einer Million Jahr verlängerten sich diese Abstände jedoch von rund 41'000 auf 100'000 Jahre, und die Eiszeiten selbst wurden länger und intensiver. Fachleute sprechen von der «mittelpleistozänen Wende". Was diese Wende auslöste, ist eines der grossen Rätsel der Klimageschichte, denn allfällige Änderungen in der Umlaufbahn unseres Planeten scheinen nicht der Grund zu sein.
Ein internationales Forschungsteam um Samuel Jaccard von der Universität Bern ist der Antwort in einer vom Schweizerischen Nationalfonds (SNF) unterstützten Studie einen Schritt näher gekommen. Demnach war ein Schlüsselfaktor, dass sich die Zirkulation von tiefen und oberflächlichen Meeresschichten im Südpolarmeer abgeschwächt hat, wie der SNF am Donnerstag mitteilte.
Durch die verminderte Umwälzung gelangte weniger CO2 aus den Meerestiefen in die Atmosphäre, was den Treibhauseffekt abschwächte und die Eiszeiten intensiver werden liess. Es kam zu einem «Global Cooling", wie Jaccard gemäss der Mitteilung erklärte. Von ihren Ergebnissen berichten die Wissenschaftler im Fachblatt «Science".
Für ihre Studie analysierten die Forschenden Meeressedimente aus einem 169 Meter langen Bohrkern. Dieser war bereits in den 1990er Jahren 2500 Kilometer vor der Küste Südafrikas in einer Tiefe von 2,8 Kilometern entnommen worden.
Anhand der chemischen Zusammensetzung von mikroskopischen Einzellern (Foraminiferen) in den verschiedenen Schichten des Bohrkerns rekonstruierten Jaccard und sein Team die Entwicklung der Bedingungen im Südpolarmeer während 1,5 Millionen Jahre. Dabei lag der Fokus auf Unterschieden in Temperatur und Salzgehalt zwischen oberflächennahen und tiefen Schichten. Solche Unterschiede bestimmten - neben anderen Faktoren - die Intensität der Durchmischung der verschiedenen Meeresschichten, schrieb der SNF.
Ozeane enthalten sechzig Mal mehr Kohlenstoff als die Atmosphäre. Sie sind damit eine wichtige Kohlenstoffsenke. «Die Umwälzung von Wasserschichten spielt eine sehr wichtige Rolle, weil dadurch das gelöste Kohlendioxid tiefer Schichten an die Oberfläche gebracht wird, von wo es in die Atmosphäre gelangen und zum Treibhauseffekt beitragen kann", erklärte Jaccard. Diese Prozesse besser zu verstehen, sei auch im Zusammenhang mit der aktuellen Klimaerwärmung wichtig.
Die Dynamik des Klimasystems sei sehr komplex, betonte der Forscher. Derzeit treiben verstärkte Westwinde die Umwälzung der Meeresschichten im Südpolarmeer an und erhöhen die CO2-Abgabe des Ozeans an die Atmosphäre. Dem könnte aber entgegenwirken, dass es im Zuge der Klimaerwärmung zu mehr Niederschlägen und stärkerem Abschmelzen der Gletscher in dieser Region kommt. Dieses zusätzliche Süsswasser an der Oberfläche lässt den Salzgehalt sinken, was die Zirkulation wiederum bremsen würde. «Es lässt sich derzeit nicht vorhersagen, was passieren wird", so Jaccard.