Kleinliche Corona-Hilfe in der Kulturbranche
Hickhack auf Kosten der Selbständigen

Viele Kleinunternehmer aus der Kultur- und Eventbranche leiden trotz Lockerungen weiter unter der Auftragsflaute. Weil der Bundesrat keine gemeinsame Linie findet, ihnen zu helfen.
Publiziert: 07.06.2020 um 13:02 Uhr
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Für viele Selbständige in der Kultur- und Eventbranche sehen die nächsten Monate düster aus.
Foto: ullstein bild - JOKER / David Au
Simon Marti

Von der Pandemie betroffene Selbständige und Kleinunternehmer erhalten seit Ende Mai keine Nothilfe mehr. Mit der schrittweisen Lockerung der Schutzmassnahmen hat der Bund die Zahlungen eingestellt. «Wir sollten alles daransetzen, dass die Unternehmen ihre Arbeit so schnell wie möglich wiederaufnehmen können und sie nicht mehr abhängig sind», so Wirtschaftsminister Guy Parmelin (60, SVP) am 20. Mai.

Der Chef einer kleinen GmbH steht nun also zwangsläufig wieder auf eigenen Füssen und darf weder Kurzarbeit noch Erwerbs­ersatz für sich in Anspruch nehmen. Namentlich die vielen Selbständigen in der Kultur- und Eventbranche stehen damit vor einem massiven Problem. Denn grössere Anlässe sind bis weit in den Herbst hinein kaum in Sicht.

Zwei Motionen eingereicht

Dann schöpften sie plötzlich wieder Hoffnung, als die Linke auf eine Verlängerung der Massnahmen pochte: SP-Nationalrätin ­Mattea Meyer (32, ZH) reichte zwei Motionen zu diesem Thema ein. «Für uns ist klar, dass wir die vielen Selbständigen in der Event- und Kulturbranche nicht einfach ihrem Schicksal überlassen können. Wer in den vergangenen Wochen mit Betroffenen gesprochen hat, der weiss, wie dramatisch ihre Situa­tion ist», sagt sie.

Meyer fand auch bei bürger­lichen Ratskollegen Gehör: Die Kommis­sion für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrats stimmte einer Verlängerung der Hilfe zu und wollte dies noch in der laufenden Session zur Abstimmung bringen. Doch in der Schwesterkommission des Ständerats vollzogen die Bürgerlichen eine Kehrtwende. Eine Mehrheit aus SVP, CVP und FDP lehnte am vergangenen Mittwoch die Vorstösse ab, wie es in der kleinen Kammer heisst.

Zuständige Departemente sind uneins

Vorgestern Freitag hätte der Bundesrat gleichwohl Gelegenheit gehabt, die beiden Vorstösse zu behandeln und dem Parlament zur Abstimmung vorzulegen. Doch die zuständigen Departemente der Bundesräte Parmelin und Alain Berset (48, SP) sind uneins.

Berset wollte das Geschäft ­vorantreiben, Parmelin nicht. Schliesslich griff Bundeskanzler Walter Thurnherr (56, CVP) ein, wie bundesratsnahe Quellen berichten. Er liess die Departemente im Vorfeld wissen, dass eine Verlängerung der Hilfsmassnahmen aus formalen Gründen ohnehin nicht angezeigt sei. Denn die Landesregierung habe mit dem Par­lament vereinbart, dass Vorstösse, die in der Juni-Session behandelt werden ­sollen, spätestens zwei ­Wochen vor Sessionsbeginn ein­gereicht werden müssen. Meyers Motionen kamen zu spät – bloss war es nach der ­Erklärung des Bundesrats vom 20. Mai gar nicht mehr möglich, diese Frist ein­zuhalten, die Session begann am 2. Juni.

Nächste Sitzung frühstens im September

So kam für die Betroffenen einiges zusammen: der bürgerliche Meinungswandel, das Wirtschaftsdepartement mit seinem Widerstand und der Bundeskanzler mit seiner Prinzipienreiterei.

Resultat: Die Räte werden sich frühestens im September wieder mit der Hilfe für Selbständige befassen können. Mit drastischen Folgen, wie ­Edgar Lehmann, Chef der PlanB Entertainment GmbH erklärt. «Zig kleine Firmen und Selbständige kämpfen bereits seit Monaten um ihre Existenz», sagt er. ­«Ihnen nun die Unterstützung zu entziehen, heisst, dass der Bund ­ihren Konkurs in Kauf nimmt.»

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