Die am Montagabend publizierten Ergebnisse des Instituts Biosphère basieren auf Unfallsimulationen an den vier Schweizer AKW, realen Wetterdaten und neuen medizinischen Erkenntnissen. Die Forscher analysierten insbesondere die Ausbreitung der radioaktiven Wolke.
Demnach sind langfristig mehr als 100'000 Strahlenopfer in der Schweiz und den Nachbarländern zu erwarten, sollte sich in Beznau, Gösgen, Mühleberg, Leibstadt oder im französischen Kernkraftwerk Bugey ein grosser Unfall ereignen. Insgesamt würde die Verstrahlung rund zwanzig Millionen Personen in Europa treffen.
Die bei einem schlimmen Störfall freigesetzte Radioaktivität wird gemäss Studie auf das Dreissigfache des Wertes geschätzt, welcher der Planung des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz (Babs) zugrunde liegt. «Die Schweiz ist auf einen grossen Kernkraftwerksunfall unzureichend vorbereitet», folgern deshalb Vertreter der Schweizerischen Energie-Stiftung (SES) und des Netzwerks für den Atomausstieg «Sortir du nucléaire".
Für die Umweltschützer ist klar: Die Stilllegung von Kraftwerken muss dringend geplant werden. Mit einer Petition fordern sie den Bundesrat auf, einen Zeitplan für die Schliessung der AKW vorzulegen. Die Regierung soll zusätzlich «eine rasche Revision des derzeit ungenügenden Schutzkonzeptes» an die Hand nehmen.
Zur Erinnerung: Das Schweizer Stimmvolk hatte im November 2016 eine Laufzeitbeschränkung der Schweizer AKW mit 54 Prozent abgelehnt. Deshalb bleiben die Atomkraftwerke so lange am Netz, wie die Aufsichtsbehörde sie als sicher einstuft - sofern die Betreiber sie nicht aus wirtschaftlichen Gründen abschalten. Stillgelegt wird am 20. Dezember 2019 das AKW Mühleberg.
Eine neue Atomausstiegsinitiative scheiterte im vergangenen Herbst mangels Unterschriften. Nach dem Ja zur Energiestrategie 2050, die den Bau neuer AKW verbietet, war das Anliegen auf wenig Resonanz gestossen.
(SDA)