Kaschmir-Konflikt flammt neu auf
Indiens Präsident hebt Sonderstatus für Kaschmir in Verfassung auf

Inmitten neuer Spannungen im indischen Teil von Kaschmir hat Indien den Sonderstatus für die Region in der Verfassung aufgehoben. Die Entscheidung könnte in der mehrheitlich muslimischen Region, die auch von Pakistan beansprucht wird, für eine Eskalation sorgen.
Publiziert: 05.08.2019 um 09:29 Uhr
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Aktualisiert: 05.08.2019 um 16:25 Uhr
Der indische Innenminister Amit Shah bei der Ankunft im Parlament in Neu Delhi - dort verkündet er später die Aufhebung des Sonderstatus' für die Region Kaschmir.

Indiens Innenminister Amit Shah erklärte am Montag im Parlament, Artikel 370 der Verfassung, der dem Bundesstaat einen Sonderstatus garantiert hatte, werde per Präsidentendekret sofort gestrichen.

Was ist der Sonderstatus?

Dieser Artikel garantiert dem indischen Teil Kaschmirs unter anderem eine eigene Verfassung, eine eigenen Flagge und weitgehende Kompetenzen mit Ausnahme namentlich der Aussen- und Verteidigungspolitik. Der Staat Jammu und Kashmir werde umorganisiert, sagte Amit Shah.

Premierminister Narendra Modi hatte am Montag eine Sitzung seines Sicherheitskabinetts einberufen.  Die hindunationalistische Partei von Präsident Narendra Modi legte einen Gesetzentwurf vor, der eine Teilung des indischen Teils von Kaschmir in zwei Bundesstaaten vorsieht. Gemäss dem Entwurf würden beide Regionen der unmittelbaren Kontrolle Neu Delhis unterstellt.

Soldaten und Hausarrest für Politiker

Wenige Stunden zuvor hatten die indischen Behörden Ausgangssperren in Kaschmirs Hauptstadt Srinagar und in umliegenden Gebieten verhängt.

Internetdienste wurden blockiert, das Handynetz und das Festnetz abgeschaltet. Bereits am Wochenende hatte Indiens Regierung zehntausende zusätzliche Soldaten nach Kaschmir geschickt und eine Ausgangssperre in der Metropolregion Srinagar verhängt. Mehrere Regionalpolitiker wurden unter Hausarrest gestellt.

Terrorwarnung an Touristen

Die Regierung in Neu Delhi erklärte die weitreichenden Ausgangssperren mit der «aktuellen Sicherheitslage». Am Samstag hatte Indien Touristen in Kaschmir aufgefordert, die Region angesichts von «Terrorgefahren» durch von Pakistan unterstützte Gruppen «umgehend» zu verlassen.

Dies hatte zu fluchtartigen Szenen an Flughäfen und Bahnhöfen geführt. Deutschland und Grossbritannien haben Reisewarnungen für Jammu und Kaschmir ausgegeben.

Reaktion aus Pakistan

In Pakistan löste der Vorstoss wütende Reaktionen aus. «Als Partei in diesem internationalen Konflikt wird Pakistan sämtliche möglichen Optionen anwenden, um diesen illegalen Schritten entgegenzutreten», teilte das Aussenministerium in Islamabad mit.

Aus pakistanischen Sicherheitskreisen verlautete, dass die Militärführung zu einem für Dienstag anberaumten Treffen einberufen worden sei. Bereits am Sonntag hatte Pakistans Premierminister Imran Khan Indien mit Blick auf «neue Aggressionen» vor dem Beginn einer «regionalen Krise» gewarnt.

Im pakistanischen Teil Kaschmirs riefen die Behörden die Bewohner am Sonntag zu «Wachsamkeit» auf. Pakistan warf Indien vor, Streumunition in Kaschmir platziert zu haben. «Berühren Sie solche Objekte nicht und lassen Sie Ihre Kinder nicht an Sie heran», warnten die Behörden.

Widerstand in Indien

Auch im indischen Parlament sorgte das Dekret für massiven Widerstand. Die oppositionelle Kongresspartei bezeichnete es als «katastrophalen Schritt». Ein Abgeordneter der Kaschmir-Partei People's Democratic Party zerriss eine Kopie der indischen Verfassung, bevor er laut Medienberichten von Sicherheitskräften abgeführt wurde.

Welche Interessen verfolgt Indien in Kaschmir?

Bereits nach dem Wahlerfolg von Modis hindunationalistischer Partei BJP im Mai waren in Kaschmir Befürchtungen laut geworden, dass Indiens Regierung der Region die Autonomierechte entziehen könnte.

Die BJP will erreichen, dass auch Bürger anderer indischer Bundesstaaten - hauptsächlich Hinduisten - Eigentum in Kaschmir erwerben können. Kritiker sehen darin den Versuch der Partei, die demographischen Verhältnisse in dem mehrheitlich muslimischen Bundesstaat zu ändern. (SDA)

Kaschmir-Konflikt

Der wiederaufgeflammte Konflikt um die Region Kaschmir an der indisch-pakistanischen Grenze reicht bis zur Unabhängigkeit des ehemaligen Britisch-Indien und der damit einhergehenden Abspaltung Pakistans im August 1947 zurück.

  • Zweimal, 1947 und 1965, führten Indien und Pakistan Kriege um die mehrheitlich muslimische Region. 1949 wurde Kaschmir von der Uno zwischen beiden Staaten aufgeteilt - beide beanspruchen die Region aber weiterhin zur Gänze.
     
  • 1999 standen die verfeindeten Atommächte am Rande eines dritten Krieges. Damals setzten sich vor allem die USA und die Uno für ein Ende der sechs Wochen dauernden Kämpfe ein, um einen Atomkrieg zu verhindern.
     
  • Indien wirft dem benachbarten Erzrivalen Pakistan Terrorunterstützung vor. An der De-Facto-Grenze kommt es immer wieder zu Gefechten zwischen pakistanischen und indischen Einheiten.
     
  • Auch Anschläge gibt es in der Region häufig. Seit 1989 kämpfen mehrere muslimische Rebellengruppen teils für die Unabhängigkeit Kaschmirs, teils für den Anschluss der Region an Pakistan. (SDA)

Der wiederaufgeflammte Konflikt um die Region Kaschmir an der indisch-pakistanischen Grenze reicht bis zur Unabhängigkeit des ehemaligen Britisch-Indien und der damit einhergehenden Abspaltung Pakistans im August 1947 zurück.

  • Zweimal, 1947 und 1965, führten Indien und Pakistan Kriege um die mehrheitlich muslimische Region. 1949 wurde Kaschmir von der Uno zwischen beiden Staaten aufgeteilt - beide beanspruchen die Region aber weiterhin zur Gänze.
     
  • 1999 standen die verfeindeten Atommächte am Rande eines dritten Krieges. Damals setzten sich vor allem die USA und die Uno für ein Ende der sechs Wochen dauernden Kämpfe ein, um einen Atomkrieg zu verhindern.
     
  • Indien wirft dem benachbarten Erzrivalen Pakistan Terrorunterstützung vor. An der De-Facto-Grenze kommt es immer wieder zu Gefechten zwischen pakistanischen und indischen Einheiten.
     
  • Auch Anschläge gibt es in der Region häufig. Seit 1989 kämpfen mehrere muslimische Rebellengruppen teils für die Unabhängigkeit Kaschmirs, teils für den Anschluss der Region an Pakistan. (SDA)
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