«Das Parlament macht uns stolz durch seine Massnahmen und sein Verhalten», sagte Bolsonaro in der ersten Rede in der Heimat, wie in einem Video seiner Partei «Partido Liberal» am Donnerstag zu sehen war. «Es zeigt diesen Leuten, die an der Macht sind, dass sie mit dem Schicksal unserer Nation nicht machen können, was sie wollen.» Die Liberale Partei des rechten Bolsonaro stellt im Kongress die Mehrheit und kann Lula das Regieren so erschweren.
Der 68-Jährige hatte sich nach der Ankunft am Flughafen Brasília auf den Weg zum Parteisitz in der brasilianischen Hauptstadt gemacht, wie der Sender «CNN Brasil» berichtete. Dort traf er Verbündete und Familienmitglieder. Bolsonaro zeigte sich auch seinen Anhängern vor dem Gebäude, viele unter ihnen in den kanariengelben Trikots der brasilianischen Nationalmannschaft und mit Brasilien-Fahne. «Jetzt ist der Moment positiver Energien», sagte er. Entgegen den Erwartungen wurde der Rechtspopulist nicht von Tausenden, sondern nur von mehreren Dutzend Anhängern begrüsst, wie die Nachrichtenagentur «Agência Brasil» berichtete.
Die Sicherheitsmassnahmen in der Hauptstadt Brasiliens waren aus Angst vor gewalttätigen Demonstrationen verschärft worden, der direkte Kontakt von Bolsonaro mit Anhängern sollte vermieden werden. So verliess der Ex-Staatschef den Flughafen etwa nicht durch die Ankunftshalle, sondern nahm einen anderen Weg.
Gericht untersucht Bolsonaros Rolle in Gewaltprotesten
Bolsonaro war in der Stichwahl um das Präsidentenamt im grössten Land in Lateinamerika im Oktober 2022 dem Linkspolitiker Lula unterlegen. Zwei Tage vor dem Ende seiner Amtszeit an Neujahr flog er mit seiner Familie in die USA, wo Bolsonaro sich bis Mittwoch (Ortszeit) aufhielt. Am 8. Januar hatten seine Anhänger, die den Wahlsieg Lulas nicht anerkennen wollten, Kongress, Regierungssitz und Obersten Gerichtshof in Brasilia gestürmt und erhebliche Schäden verursacht. Das Oberste Gericht untersucht unter anderem die «geistige Urheberschaft» und die Rolle des Rechtspolitikers.
In der kommenden Woche soll Bolsonaro Ehrenpräsident der Liberalen Partei werden und mit seiner Frau Michelle zusammenarbeiten, die seit kurzem deren Frauenflügel führt. Der Parteivorsitzende Valdemar Costa Neto setzt Medienberichten zufolge auf die Ex-First-Lady als mögliche Kandidatin bei der Präsidentschaftswahl 2026.
Der Ex-Staatschef ist Teil mehrerer Ermittlungen – unter anderem auch wegen der Verbreitung von Fake News und des Verdachts auf Völkermord an den Yanomami-Indigenen –, die zu Haftstrafen führen könnten. Sollte er verurteilt werden, läuft er Gefahr, für unwählbar erklärt zu werden. Bolsonaro ist auch im Fall von undeklariertem Schmuck im Gepäck einer Regierungsdelegation bei der Rückkehr aus Saudi-Arabien vorgeladen.
Vor seinem Abflug in Orlando hatte er dem Sender «CNN Brasil» gesagt, nicht Oppositionsführer werden zu wollen. Er werde sich aber weiter für seine Partei engagieren, betonte Bolsonaro. So will er etwa durch Brasilien reisen und mit Anhängern sprechen. (SDA)