Justiz
Berner Gericht berät allfällige Verwahrung eines Doppelmörders

Das Obergericht des Kantons Bern berät diese Woche, ob im Fall des Doppelmords von 2013 in Spiez einer der Täter verwahrt werden soll. Der Prozess begann am Montagmorgen, das Urteil will das Gericht am Freitag bekanntgeben.
Publiziert: 25.05.2020 um 15:15 Uhr
In diesem Haus wurde 2013 der Heimleiter und dessen Freundin ermordet. (Archivbild)
Foto: LUKAS LEHMANN

2013 waren in einem Kinderheim in Spiez BE der Heimleiter und dessen Freundin tot aufgefunden worden. Beide Leichen wiesen insgesamt weit über hundert Messerstiche auf. Die Tat rief landesweit Entsetzen hervor.

18 Monate später fasste die Polizei zwei Personen: Einen heute etwas über 50-jährigen Mann und seinen zur Tatzeit 16-jährigen Sohn. Dieser hatte 2003 einige Monate im Heim verbracht und fühlte sich ungerecht behandelt. Schon damals stiess der Vater Morddrohungen gegen den Heimleiter aus. Zehn Jahre später schritten sie zur Tat. Die Frau töteten sie als unliebsame Zeugin.

Gerichte haben seither beide Männer wegen Mords verurteilt: den Sohn gemäss Jugendstrafrecht zu 48 Monaten Freiheitsentzug, den Vater zu einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe. Es handelt sich in beiden Fällen um die höchstmöglichen Strafen.

Diese Sanktionen gegen den Vater und den Sohn sind inzwischen rechtskräftig: Das Bundesgericht lehnte Ende 2018 eine Beschwerde des Mannes letztinstanzlich ab; der junge Mann akzeptierte das Urteil des Jugendgerichts des Kantons Bern.

Im Verfahren gegen den Vater blieb aber die Frage einer allfälligen Verwahrung offen: Als sich das bernische Obergericht 2017 zum ersten Mal mit diesem Fall beschäftigte, widerrief es die Verwahrung, welche das erstinstanzliche Regionalgericht in Thun 2016 noch angeordnet hatte.

Das Berner Obergericht fand 2017, solange der öffentlichen Sicherheit auch mit einer langen Freiheitsstrafe Rechnung getragen werden könne, komme eine Verwahrung nicht in Frage.

Das Bundesgericht pfiff 2018 das bernische Obergericht aber zurück: Letzteres habe das psychiatrische Gutachten willkürlich gewürdigt. Zudem sei dieses Gutachten unvollständig. Es brauche ein Ergänzungsgutachten. Die Lausanner Richter hiessen damit eine Beschwerde der bernischen Generalstaatsanwaltschaft gut.

Am Montag sagte nun eine Staatsanwältin vor dem Berner Obergericht, die Voraussetzungen für die Verwahrung des Vaters seien gegeben. Es liege ein schweres Verbrechen vor, nämlich ein Doppelmord, begangen gemeinsam mit dem Sohn. Das vom Bundesgericht verlangte Ergänzungsgutachten sei erstellt.

Der psychiatrische Experte spreche von einem mindestens mittleren bis hohen, aber in jedem Fall deutlich erhöhten Risiko von weiteren Gewalttaten. Der Täter habe sich im Strafvollzug aggressiv verhalten und Drohungen ausgestossen. Er leugne seine Taten, sehe sich selbst als Opfer. Zudem habe der Fall Spiez gezeigt, dass er fähig sei, sich erst Jahre nach einer vermeintlichen Kränkung zu rächen.

Die Verteidigerin hingegen sagte, sowohl das erste Gutachten von 2015 wie auch das zweite von 2019 litten unter einem gewichtigen Mangel: Es seien reine Aktengutachten. Sie beruhten nicht auf Gesprächen mit dem Täter. Der psychiatrische Sachverständige selber sage, ein Gespräch sei das Herzstück von Prognosegutachten.

Das liess wiederum die Staatsanwältin nicht gelten: Es liege am Täter, dass es zu keinen Gesprächen gekommen sei. Der Mann habe sie konsequent verweigert. Es dürfe nicht sein, dass eine Verwahrung dadurch verunmöglicht werde, dass jemand nicht spreche.

Das bernische Obergericht in Dreierbesetzung hörte sich am Montagmorgen auch den psychiatrischen Sachverständigen an. Dieser sprach unter anderem von einem konsequenten Verweigerungsverhalten des Täters. Ein Beurteilungsgespräch sei eine wichtige, aber nicht die einzige entscheidende Erkenntnisquelle, um die an den Sachverständigen gestellten Fragen beantworten zu können.

Den Täter befragte die vorsitzende Richterin ebenfalls. Dieser verweigerte allerdings jegliche Aussage.

(SDA)

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