Vor dem Zürcher Obergericht musste sich der Zürcher Oberländer Kevin G.* wegen Rassendiskriminierung verantworten. Er wurde zu zwölf Monaten Haft verurteilt.
Im Hauptanklagepunkt, Rassendiskriminierung, kam das Gericht zu einem Schuldspruch, vom Vorwurf der Tätlichkeiten dagegen sprach es den Beschuldigten frei. Für zwei frühere, bedingt ausgesprochene Strafen, verlängerten die Oberrichter die Probezeit. Dem Geschädigten hat der Mann eine Genugtuung von 3000 Franken zu entrichten.
Die Staatsanwaltschaft hatte eine Freiheitsstrafe von 30 Monaten gefordert. Die Verteidigung plädierte auf Freispruch. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Kevin G. sprach von Verwechslung
Der Beschuldigte hatte stets abgestritten, jener Mann gewesen zu sein, der Anfang Juli 2015 in Zürich einen orthodoxen Juden angespuckt und übel beschimpft hatte. Er machte eine Verwechslung geltend.
Für das Gericht gab es aber keinen Zweifel, dass der heute 31-Jährige der Täter war: Der Angegriffene hatte ihn unmittelbar nach dem Angriff gegenüber der Polizei als den «Spucker» bezeichnet. Zudem gab es Augenzeugen.
Auch für die Polizisten sei die Täterschaft damals so klar gewesen, dass sie darauf verzichtet hätten, Speichelproben von Kleidern und Hut des Bespuckten zu nehmen. Eine DNA-Probe im Hinblick auf künftige Delikte lehnte das Obergericht ab. Dafür gebe es keine gesetzliche Grundlage bei einem Vergehen. Das Bezirksgericht hatte eine solche Probe auf Forderung der Anklage angeordnet.
Bei jenem Vorfall hatte der Beschuldigte auch den Hitlergruss gezeigt. Für das Gericht hat er damit jedoch nicht Werbung für den Nationalsozialismus gemacht. In Übereinstimmung mit dem Bundesgericht kamen die Oberrichter zum Schluss, eine solche Geste drücke zwar die eigene Gesinnung aus, sei aber nicht als Propaganda für die Nazi-Ideologie zu werten.
«Habe mich verändert»
Gegenüber dem Gericht hatte der Beschuldigte betont, er habe sich geändert. Er habe heute andere Prioritäten als früher – damals «hatte ich nicht viel Respekt», vor nichts. Inzwischen habe er eine Tochter, und Vater zu sein, sei für ihn heute das Wichtigste. Um dies zu unterstreichen, herzte er das Baby im Gerichtsfoyer ausführlich.
Dass er nicht mehr der Nazi-Gesinnung anhänge, sagte er allerdings nicht. Eine Gesinnung als solche sei aber nicht strafbar, erklärte der Verteidiger.
Der Beschuldigte war als Frontsänger einer Rechtsrock-Band bekannt geworden. Dort singe er nicht mehr, die Band habe sich aufgelöst, sagte er. Schon vor Jahren hatte die Band einmal bekanntgegeben, sie sei nicht mehr aktiv. Dennoch produzierte sie weiterhin Alben und hatte Auftritte.
Immerhin: Auch dem Obergericht scheine es, der Beschuldigte habe sich seit Sommer 2015 «zum Besseren verändert», sagte der Vorsitzende. Wie nachhaltig diese Veränderung sei, könne man zwar nicht sagen. Es sei aber zu hoffen, dass es zu keinen weiteren Vorfällen komme.
Die unbedingte zwölfmonatige Freiheitsstrafe berücksichtige die lange Verfahrensdauer und die mediale Vorverurteilung. Voraussichtlich könne er sie in Halbgefangenschaft absitzen. So falle er nicht aus seinem beruflichen und sozialen Netz heraus. Das Gericht gebe ihm damit eine zweite Chance, sagte der Vorsitzende – «nehmen Sie sie wahr». (SDA)