Jetzt spricht das Opfer von Carlos
«Ich traue ihm alles zu!»

Am hellichten Tag wurde er von Carlos in Zürich-Schwamendingen niedergestochen. Nun kann er nicht fassen, dass der Täter seine Sportkurse bezahlt kriegt, während er mit einer Einmalzahlung von 3500 Franken abgespiesen wurde.
Publiziert: 29.08.2013 um 10:56 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 06:13 Uhr
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Therapie brachte nichts: Carlos sitzt wieder in U-Haft.
Foto: RDB
Von Beat Michel und Adrian Schulthess

Er weiss besser als jeder andere, welches Gewaltpotenzial in Carlos steckt. «Er hat mein Leben zerstört und meine Träume», sagt der Türke A. Y.* (20). «Ich traue ihm alles zu! Ich will, dass alle wissen, was für ein gefährlicher Mensch er ist.»

Die beiden jungen Männer treffen am 14. Juni 2011 gegen 13 Uhr am Zürcher Schwamendingerplatz aufeinander. «Er pöbelte meinen Vater wegen seines Toupets an», sagt Y. Er stellt Carlos zur Rede. «Weisst du eigentlich, wer ich bin?», habe der ihn angeschnauzt und gesagt: «Verpiss dich!» Y. reagiert vernünftig: «Ich nahm meinen Vater bei den Schultern, wollte ihn wegbegleiten. Einen Augenblick später spürte ich einen Schmerz.» Viermal rammt Carlos ein Messer in A. Y.s Rücken. Ohne Vorwarnung. «Ich konnte nicht mehr atmen. Meine Lunge kollabierte.»

Was aus Carlos geworden ist, erfuhr Y. diese Woche im Internet. «Ich habe ihn an seinem Hinterkopf erkannt und sofort den Film geschaut. Ich bin schockiert.»

Opferhilfe will A.Y. mit 3500 Franken abspeisen

Denn: «Als er auf mich einstach, war er ganz mager, ein Sprenzel. Jetzt ist er ein Tier. Der Staat hat aus ihm eine Killermaschine gemacht!» In Carlos’ Leben dreht sich alles ums Thaiboxen. Den Kanton Zürich kostet dies 29 000 Franken pro Monat. «Mich will die Opferhilfe mit 3500 Franken abspeisen. Als Einmalzahlung», sagt A. Y. «Weil der Staat im Sparmodus sei.»

Im Gegensatz zum Täter kann das Opfer seinen Sport nicht mehr treiben: «Ich war ein guter Fussballer, jetzt bekomme ich nicht mehr genügend Luft.» Die Narben schmerzen A. Y. täglich: «Das muss ich verbergen. Ich will unbedingt meine Logistiker­lehre abschliessen.» Was am meisten schmerzt: «Ich zahle mit meinen Steuern Luxus für jenen, der mich so zugerichtet hat!»

*Name bekannt.

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