Das war ja wohl abzusehen. Laut Epidemiengesetz müsste jeder Reisende, der aus einem Corona-Risikoland in die Schweiz zurückkehrt, für zehn Tage in Quarantäne gehen. Der Beschluss des Bundesrates per 6. Juli appelliert dabei an die Eigenverantwortung von Reisenden. Verbindliche Kontrollen gibt es nicht. Nun zeigen aktuelle Erhebungen, dass sich bisher kaum die Hälfte der Rückkehrer an diese Vorschrift hält.
Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache. Seit der Einführung der Quarantänepflicht sind rund 6000 Personen allein über die drei Flughäfen Zürich, Basel und Genf aus Risikoländern in die Schweiz gereist, wie Recherchen der «NZZ am Sonntag» zeigen. Doch in den Kantonen haben sich höchstens 3000 Personen zur Quarantäne angemeldet.
Hohe Dunkelziffer
Nun drohen offenbar verschärfte Massnahmen. Der Bund hat am Freitag angekündigt, dass er bei Fluggesellschaften und Busunternehmen Passagierlisten einholt und einzelne davon den Kantonen für Kontrollen weiterleitet. Doch auch diese Verschärfung genüge nicht, sagt der oberste Kantonsarzt Rudolf Hauri: «Der Bund muss noch systematischer aus jedem Flugzeug und Bus eine Stichprobe ziehen. Die Reisenden müssen merken, dass es jeden treffen kann.»
Demnach legen nur 16 Kantone, wo insgesamt 2300 Rückreisende in Quarantäne sind, ihre Zahlen offen – darunter Zürich, Bern, Waadt und Basel-Stadt. Der Kanton Zürich zählt mit 600 Personen am meisten Fälle. Grosse Kantone wie der Aargau, St. Gallen und das Tessin können jedoch keine Angaben machen. Selbst wenn die Zahlen auf die restlichen Kantone hochgerechnet würden, dürften es weniger als 3000 sein. Und weil viele Reisende mit dem Auto oder Bus aus Risikoländern zurückkehren, dürfte die Dunkelziffer noch weit höher liegen.
Drückebergern drohen teurere Bussen
Die Sorge nun ist, dass das nachlässige Verhalten der Rückreisenden den Ausbruch einer zweiten Epidemiewelle noch beschleunigen könnte. Zudem dürfen ab Montag wieder Touristen aus Drittstaaten einreisen. Dies, während wohl kaum jemand über die tiefe Zahl der Quarantänemeldungen überrascht ist. Und wieder reagiert der Bundesrat mit Zeitverzug.
«In den zehn Tagen ohne Kontrollmöglichkeit haben wir zwar wichtige Zeit verloren, die epidemiologische Lage ist derzeit aber unter Kontrolle», sagt Hauri. Die Hoffnung ist, dass sich die Einhaltung der Quarantäne mit Stichproben verbessert. Drückebergern wird daher neben den verschärften Massnahmen neuerdings auch mit Bussen von bis zu 10'000 Franken statt wie bislang 5000 Franken gedroht. So stattet bei Verdachtsfällen im Kanton Zürich fortan die Kantonspolizei Hausbesuche ab. Auf erste Polizeieinsätze, heisst es, könnten entsprechende Bussen folgen. (kes)
Das Coronavirus beschäftigt aktuell die ganze Welt und täglich gibt es neue Entwicklungen. Alle aktuellen Informationen rund ums Thema gibt es im Coronavirus-Ticker.
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