Bei den Koalitionsverhandlungen traten am Freitag Unstimmigkeiten zwischen den beiden Parteien auf. Fünf Sterne-Chef und Noch-Vizepremier Luigi Di Maio überraschte mit neuen Bedingungen. Nach Sondierungsgespräche mit Conte nannte er Forderungen, welche die Sozialdemokraten akzeptieren müssten, ansonsten werde keine Koalition zustande kommen, drohte er.
«Entweder wir einigen uns auf unsere Programmpunkte oder wir machen nicht weiter», sagte Di Maio. Wenn die Bedingungen nicht ins Regierungsprogramm übergingen, «wäre es besser, so schnell wie möglich wieder wählen zu gehen".
Die Beratungen der möglichen Koalitionspartner über die Regierungszusammensetzung sollen zwei Tage dauern. Am Dienstag oder Mittwoch muss Conte das Kabinett Präsident Sergio Mattarella präsentieren, bevor er seinen Amtseid ablegt.
Conte war am Donnerstag mit der Regierungsbildung beauftragt worden. Neben der Besetzung der Ministerposten geht es bei den Gesprächen auch um das Amt des Vize-Regierungschefs, das Fünf-Sterne-Chef Luigi Di Maio gerne weiterhin bekleiden würde. Für Diskussionen dürften zudem die strategisch wichtigen Ministerien Inneres und Wirtschaft sorgen.
Zudem stellte sich di Maio gegen eine Entschärfung der «Sicherheitsdekrete» des scheidenden Innenministers Matteo Salvini. «Das Einwanderungsproblem ist ernst, konkret und es muss mit Kompetenz und unter Berücksichtigung der Sensibilitäten angegangen werden, welche die öffentliche Meinung zum Ausdruck gebracht hat», sagte Di Maio.
Er sprach sich für eine Revision des Dubliner Asylabkommens aus. Er drängte auf eine sofortige Abschaffung des «wahnsinnigen Prinzips», wonach das Land, in dem Migranten landen, diese auch aufnehmen und versorgen müsse. «Italien ist in diesen Jahren im Umgang mit der Flüchtlingsproblematik allein gelassen worden. Jetzt muss sich Europa mit dem Problem befassen», drängte der 33-Jährige.
Salvini hatte Rettungsschiffen privater Hilfsorganisationen verboten, in Italien anzulegen. In der Folge mussten aus dem Mittelmeer gerettete Migranten immer wieder tagelang lang auf den Rettungsschiffen ausharren, bis ihr Landgang mit Italien oder anderen Ländern ausgehandelt war.
Ein hochrangiger Vertreter der Sozialdemokraten, Graziano Delrio, wies die Ankündigung Di Maios als «inakzeptabel» zurück. Der PD-Vize-Chef, Andrea Orlando, nannte Di Maios Aussagen «unfassbar". Die PD hat sich laut Delrio entschieden, «loyal» die Bemühungen Contes bei der Regierungsbildung zu unterstützen.
Zuvor hatte PD-Chef Nicola Zingaretti dem designierten Ministerpräsidenten die «wichtigsten Neuigkeiten» eines möglichen Regierungsprogramms vorgestellt. Darunter nannte er Steuersenkungen für kleine und mittlere Einkommen, die Unterstützung digitaler Unternehmen und kostenlose Bildung.
Die Fünf-Sterne-Bewegung plant, den Koalitionsvertrag ihrer Basis zur Abstimmung vorzulegen. Nach italienischen Medienberichten können die Mitglieder in den nächsten Tagen abstimmen.
PD und Fünf Sterne, die sich lange erbittert bekämpft hatten, hatten sich nach dem Platzen der bisherigen Regierung von rechtsradikaler Lega und Fünf-Sterne-Bewegung am Mittwoch auf eine Zusammenarbeit geeinigt und so Neuwahlen abgewendet. Sie einigten sich auch darauf, dass der bisherige Ministerpräsident Conte weiter im Amt bleiben solle.
Salvini hatte Anfang August das erst 14 Monate alte Regierungsbündnis mit der Fünf-Sterne-Bewegung platzen lassen und die drittgrösste Volkswirtschaft der Eurozone damit in eine schwere politische Krise gestürzt. Mit der vereinbarten Regierungsbildung sind die von Salvini angestrebten und vehement geforderten Neuwahlen zunächst abgewendet.
(SDA)