Dies teilte das Justizministerium am Donnerstag mit. Mandelblit sprach bei der öffentlichen Begründung seiner Entscheidung von einem «harten und traurigen» Tag für Israel. Dennoch sei es auch ein «wichtiger» Tag, der zeige, dass niemand über dem Gesetz stehe. «Strafverfolgung ist keine Wahl. Es ist keine Frage von Links oder Rechts. Es ist keine Frage der Politik», sagte Mandelblit.
Netanjahu kritisierte die Anklagen scharf. Diese seien ein «versuchter Putsch» gegen einen Regierungschef, sagte er. Er respektiere die Justizbehörden, aber man «muss blind sein, um nicht zu sehen, dass etwas Schlechtes bei der Polizei und im Büro der Staatsanwaltschaft vor sich geht". Ziel der Ermittlungen sei gewesen, eine rechte Regierung zu stürzen.
Oppositionsführer und Ex-Militärchef Benny Gantz reagierte auf die Anklageerhebung mit einer kurzen Stellungnahme. Es handle sich um einen «sehr traurigen Tag für den Staat Israel», erklärt Gantz.
Netanjahu ist der erste amtierende Regierungschefs Israels, der unter Anklage steht. Er könnte das Parlament darum bitten, ihn durch Immunität vor einer Strafverfolgung zu schützen. Trotz der Anklage muss Netanjahu, der seit der vorgezogenen Parlamentswahl im September noch geschäftsführend das Amt des Ministerpräsidenten ausübt, nicht zurücktreten. Ein Rücktritt wäre erst bei einer rechtskräftigen Verurteilung zwingend.
Nach Angaben des Justizministeriums hat Mandelblit die Anklagen bereits dem Parlamentspräsidenten vorgelegt. Die Anklagen kommen inmitten einer anhaltenden politischen Krise in Israel.
Das Mitte-Bündnis Blau-Weiss schrieb in einer Mitteilung: «Ein Ministerpräsident, der bis zum Hals in Korruptionsvorwürfen steckt, hat kein öffentliches oder moralisches Mandat, um schicksalhafte Entscheidungen für den Staat Israel zu treffen.» Mehrere Oppositionspolitiker forderten Netanjahus Rücktritt.
Netanjahu hatte in der Vergangenheit stets alle Vorwürfe zurückgewiesen. Er sprach von einer «Hexenjagd» gegen sich und seine Familie und kündigte an, er werde alle Anklagepunkte widerlegen. Einen Rücktritt im Fall einer Anklage hatte er schon vorab ausgeschlossen.
In einem der Fälle geht es um den Verdacht, dass Netanjahu als Kommunikationsminister dem Unternehmen Bezeq rechtliche Begünstigungen gewährt habe. Im Gegenzug soll ein zum Konzern gehörendes Medium positiv über ihn berichtet haben. Netanjahu gab das Ministeramt 2017 ab.
Zudem geht es um Vorwürfe, Netanjahu und seine Familie hätten jahrelang von zwei Geschäftsleuten vor allem Zigarren und Champagner im Wert von insgesamt 700'000 Schekel (umgerechnet rund 199'000 Franken) angenommen. Demnach handelte es sich dabei um illegale Schenkungen des Hollywood-Produzenten Arnon Milchan und des australischen Unternehmers James Packer.
Im Gegenzug soll Netanjahu sich unter anderem für ein Gesetz starkgemacht haben, das Milchan Steuervergünstigungen in Millionenhöhe verschaffen sollte. Ausserdem habe er ihm zwei Mal dabei geholfen, ein neues US-Visum zu bekommen.
Zudem soll Netanjahu sich darum bemüht haben, sich in einem Deal mit einem Medienmogul eine positivere Berichterstattung in der regierungskritischen Zeitung «Jediot Achronot» zu sichern. Im Gegenzug habe Netanjahu Hilfe dabei in Aussicht gestellt, den Einfluss der auflagenstarken Gratiszeitung «Israel Hajom» zu schwächen, die lange als sein Sprachrohr galt. Zuletzt hatte sich die Zeitung aber immer wieder auch kritisch über Netanjahu geäussert.
Im September hatten die Bürger Israels bereits zum zweiten Mal innerhalb von rund fünf Monaten ein neues Parlament gewählt. Netanjahu scheiterte zwei Mal mit der Regierungsbildung.
Am Mittwoch gab auch Gantz vom oppositionellen Mitte-Bündnis Blau-Weiss sein Mandat für eine Regierungsbildung zurück. Präsident Reuven Rivlin hatte zuvor für die Bildung einer grossen Koalition mit Netanjahus Likud und Blau-Weiss geworben.
Nun kann jeder Abgeordnete - auch Gantz und Netanjahu - versuchen, eine Mehrheit von 61 der insgesamt 120 Parlamentarier für eine Regierungskoalition zu finden. Scheitert dies binnen 21 Tagen, muss Israel zum dritten Mal innerhalb eines Jahres wählen. Die Neuwahl könnte nach Medienberichten in der ersten Märzhälfte stattfinden.
Die Regierungsbildung gestaltet sich aktuell besonders schwierig, weil weder das rechts-religiöse noch das Mitte-Links-Lager über eine Mehrheit verfügt. Blau-Weiss war mit 33 von 120 Mandaten als stärkste Kraft aus der Wahl am 17. September hervorgegangen. Der Likud kam auf 32 Mandate.
(SDA)