Infektiologin Marylyn Addo (50) will nach Ebola nun Corona stoppen
Die Jägerin der Viren

Die weltweite Jagd nach dem Super-Impfstoff ist eröffnet. Eine Hamburger Professorin und ein umstrittener Investor machen Hoffnung.
Publiziert: 18.03.2020 um 23:44 Uhr
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Hoffnungsträgerin Marylyn Addo arbeitet an einem Impfstoff gegen das Coronavirus.
Foto: Keystone
Fabienne Kinzelmann

Die oberste Jägerin Deutschlands trägt einen weissen Kittel. Die Infektologin Marylyn Addo (50) kämpft an vorderster Front gegen das Coronavirus. Mit einer Forschergruppe sucht sie nach einem Impfstoff.

«Die Impfstoffentwicklung ist auf Hochtouren angelaufen. Die ist so schnell, wie sie es noch nie gewesen ist», sagte Addo dem ZDF. Die zweifache Mutter leitet die Sektion Infektiologie und Tropenmedizin des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf und entwickelte schon erfolgreich einen Ebola-Impfstoff mit.

Erst Anfang Februar ist die Virus-Sequenz von Sars-CoV-2 bekannt gegeben worden, Partner von Addos Arbeitsgruppe bauten umgehend Impfstoff-Konstrukte für die Testung. «Die ersten Studien am Menschen haben schon Anfang März angefangen. Das hat es noch nie gegeben!»

In 12 bis 18 Monaten könnte es so weit sein

Die Jagd nach dem Impfstoff läuft weltweit. In Basel wie in Kalifornien, in Peking und in Tübingen (D) arbeiten Forscher wie Addo daran, das Coronavirus in den Griff zu bekommen. Ausnahmsweise mangelt es den Wissenschaftlern nicht mal am Geld: Regierungen und Unternehmen pumpen Millionen in die Entwicklung möglicher Antigene. In 12 bis 18 Monaten könnte der Impfstoff auf dem Markt sein.

Die Eile birgt auch Risiken. Wichtige Entwicklungsschritte können dabei auf der Strecke bleiben. In den USA hat am Montagmorgen erstmals eine freiwillige Testperson einen möglichen Impfstoff der privaten US-Biotechnologiefirma Moderna injiziert bekommen. Die 43-jährige Jennifer Haller erhielt die Dosis in einem Forschungsinstitut in der nordwestlichen Metropole Seattle – ohne dass er vorher wie eigentlich üblich an Labortieren getestet wurde.

«Ich bin eine positive Person», sagt sie dem «Spiegel». «Die Forscher haben den Stoff gut auf Risiken hin untersucht. Am Ende muss ich darauf vertrauen.» Statt einem abgeschwächten Lebendvirus enthalte der Stoff Nukleinsäuren – eine ähnliche Substanz gegen die Coronaviren Sars und Mers sei schon früher an Menschen getestet worden.

Hoffenheim-Investor Dietmar Hopp rechnet mit früherer Entwicklung

Und auch eine ungewöhnliche Figur spielt bei der weltweiten Jagd nach dem Impfstoff mit: SAP-Gründer Dietmar Hopp (79), der auch als Mäzen des Profifussballklubs TSG Hoffenheim bekannt wurde. Ausgerechnet der von Ultras als «Hurensohn» beschimpfte Investor ist einer der grössten Hoffnungsträger im Kampf gegen das Coronavirus. Er ist Haupteigentümer des Biopharmazeuten CureVac aus Tübingen, dessen Forscher erfolgreich einen Impfstoff gegen Tollwut entwickelt haben.

Und Hopp macht Tempo. «Bei positivem Verlauf könnten wir ungefähr im Frühsommer mit klinischen Tests beginnen. Weil der Druck enorm hoch ist, sollte es mit der Genehmigung durch die Behörden schneller gehen als in anderen Fällen. Wir wären also in der Lage, den Impfstoff im Herbst zu liefern», sagt der optimistische Investor der «Bild».

Das könnte angesichts der Krisenlage durchaus sein. Kulanz der Behörden ermöglichte beispielsweise Roche den Quantensprung in Sachen Corona-Tests. Im Eilverfahren konnte der Basler Pharmakonzern einen vollautomatisierten Test auf den Markt bringen, der monatlich millionenfach durchgeführt werden kann und nur noch dreieinhalb Stunden statt wie andere Tests Tage dauert.

Wer wird zuerst geimpft?

Bleibt noch die Frage: Und was, wenn der Impfstoff endlich da ist? US-Präsident Donald Trump (73) versuchte offenbar, die Entwicklungen von Hopps Firma exklusiv für die USA zu sichern. Der Investor zeigte ihm die Rote Karte: «Wenn es uns gelingt, einen wirksamen Impfstoff zu entwickeln, soll dieser Menschen nicht nur regional, sondern solidarisch auf der ganzen Welt erreichen und schützen.»

Marylyn Addo, die deutsche Frontfrau im Kampf gegen das Coronavirus, plädiert für ein gestaffeltes Vorgehen. «Wir werden erst einmal die Risikogruppe impfen, dann vielleicht das medizinische Personal und so weiter.» Für die aktuellen Infektionsfälle komme jedes Mittel zu spät. Wenn aber die nächste Welle kommt, werde ein Impfstoff Tausende von Menschen retten.

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