Dicke Tropfen prasseln auf die Steindächer von Mosogno TI. Sonia Gianini (62) spannt ihren Schirm auf. Die Tessinerin macht sich auf den Weg zur Dorfkirche. Der Asphalt glänzt im grauen Licht. Die gegenüber liegende Talseite verschwindet hinter einer dichten Nebelwand. Noch ist niemand im Dorf auf der Strasse für ein kleines Schwätzchen.
«Bei schlechtem Wetter müssen wir das Kirchentor abschliessen», erklärt die Präsidentin der Pfarrgemeinde. Anweisung von oben. Nicht von ganz oben. «Der Bischof in Lugano TI meint, bei Regen gäbe es im Tessin besonders viele Einbrüche», sagt Sonia Gianini.
In Mosogno gab es sogar eine Regenkirche
Doch Diebe sind in Mosogno eher selten. Dafür zählt der kleine 51-Seelen-Ort im Onsernonetal stolze fünf Kirchen. Und: Es regnet im Herbst so viel wie nirgendwo sonst in der Schweiz. Dies zeigt eine Analyse von Daten des Bundesamtes für Meteorologie und Klimatologie MeteoSchweiz von 73 Messstandorten. Über die letzten 100 Jahre fielen in den Monaten September, Oktober und November durchschnittlich 699 Liter pro Quadratmeter. Schweizer Regen-Rekord, mitten in der Sonnenstube!
Ja, starken Regen, den habe es wohl schon immer gegeben, erzählt Sonia Gianini weiter, «ich erinnere mich, dass meine Grossmutter in Prozessionen zur Regen-Kirche und zur Sonnen-Kirche im Ort pilgerte, je nach Wetterlage.» Heute habe man eher Sorgen, dass es durch die alten Dächer regnet und der Schimmel in die Wände kriecht.
Seit über 30 Jahren misst Ottavio Sartori den Regen
Für Ottavio Sartori (75) und seine Ehefrau Miriam (72) sind Niederschläge Teil des Alltags. Der Rentner ist der Regenmann im Ort. Im Garten steht ein Messgerät von der Wetterstation Locarno Monti. «1978 haben wir begonnen, die Niederschläge zu messen», erzählt Ottavio Sartori. Er holt einen Blech-Zylinder hervor und einen Messbecher. Mit drei Handgriffen erklärt der Talbewohner, wie er den Regen fängt und misst.
«Jeden Tag, um 7.30 Uhr musste ich den Niederschlag prüfen und am Thermometer an unserer Hauswand die Temperatur ablesen», sagt Ottavio Sartori, «dann wurden die Daten übers Telefon nach Locarno und Zürich durchgeben.» Seit einem Jahr allerdings macht das der Computer. Der alte Blech-Zylinder hat ausgedient.
Wasser schiesst wie im Sturzbach durch die Gassen
In den Kaminen der drei Gästezimmer knistert bereits das Brennholz. Bücher und Comics laden zum Schmökern. Und wenn die Gäste doch ins Freie wollen, drückt die Wirtin des «B&B Mosogno» ihnen einen ihrer bunten Regenbogen-Schirme in die Hand oder ein paar Gummistiefel. Seit 30 Jahren lebt Beate Planta in Mosogno. Vor zehn Jahren zauberte sie aus dem 200 Jahre alten Pfarrhaus ein schmuckes B&B.
Jetzt beginnt der Hebst-Tourismus. «Eine gute Saison für uns», sagt Beate Planta (52), «wir haben eigentlich immer Gäste trotz des wechselhaften Wetters.» Einen Tag strahle die Sonne. An einem anderen regne es wie aus Kübeln. «Dann schiesst schon mal das Wasser wie im Sturzbach durch die Gassen und die Treppen hinab», erzählt die gebürtige Deutsche, «ein tolles Natur-Spektakel.»
Trotz Regen kommen die Gäste
Die Leute kommen trotzdem. «Sie gehen Pilze sammeln, oder Kastanien, die wir dann am offenen Feuer rösten», erzählt Beate Planta, «oft stört der Regen gar nicht. Im Gegenteil. Die meisten Gäste wollen einfach nur Ruhe.»
Wird Mosogno seinen Regen-Rekord halten? Ottavio Sartori bezweifelt es. Der Ort würde auch den Klimawandel spüren. «In den letzten Jahren gab es weniger Niederschläge als früher», sagt der Tessiner. Dann muss der Regenmann wohl endgültig in Rente gehen.
Nicht nur im Herbst, auch übers gesamte Jahr gerechnet ist Mosogno TI ein wahres Auffangbecken für Regen, Schnee und sonstigen Niederschlag. 2085 Liter pro Quadratmeter fallen hier pro Jahr vom Himmel.
Im Durchschnitt von 1918 bis 2017 haben nur die Messtationen am Pass vom Grand St. Bernard und am Säntis mehr Jahresniederschlag verzeichnet. In den Herbstmonaten September, Oktober und November verweist Mosogno den Säntis allerdings auf Platz zwei – mit durchschnittlich 620 Litern pro Quadratmeter.
Interessant: Die Sonnenstube ist im Herbst eigentlich eine Regenrinne. In der Top-Fünf der Orte mit dem meisten Niederschlag im Herbst befinden sich neben Mosogno noch die beiden anderen Tessiner Messstationen Locarno-Monti und Airolo.
Wer die Herbst-Wochenende für Ausflüge nutzen will, ohne dabei eingeregnet zu werden, sollte sich aufmachen ins Wallis. In Sion fallen im September, Oktober und November in der Summe grade einmal 142,2 Liter Niederschlag pro Quadratmeter. Grächen VS ist mit 163,5 Litern zweitplatziert. Auf Rang drei der niederschlagärmsten Messorte: Martina an der Grenze vom Unterengadin zu Österreich.
Nicht nur im Herbst, auch übers gesamte Jahr gerechnet ist Mosogno TI ein wahres Auffangbecken für Regen, Schnee und sonstigen Niederschlag. 2085 Liter pro Quadratmeter fallen hier pro Jahr vom Himmel.
Im Durchschnitt von 1918 bis 2017 haben nur die Messtationen am Pass vom Grand St. Bernard und am Säntis mehr Jahresniederschlag verzeichnet. In den Herbstmonaten September, Oktober und November verweist Mosogno den Säntis allerdings auf Platz zwei – mit durchschnittlich 620 Litern pro Quadratmeter.
Interessant: Die Sonnenstube ist im Herbst eigentlich eine Regenrinne. In der Top-Fünf der Orte mit dem meisten Niederschlag im Herbst befinden sich neben Mosogno noch die beiden anderen Tessiner Messstationen Locarno-Monti und Airolo.
Wer die Herbst-Wochenende für Ausflüge nutzen will, ohne dabei eingeregnet zu werden, sollte sich aufmachen ins Wallis. In Sion fallen im September, Oktober und November in der Summe grade einmal 142,2 Liter Niederschlag pro Quadratmeter. Grächen VS ist mit 163,5 Litern zweitplatziert. Auf Rang drei der niederschlagärmsten Messorte: Martina an der Grenze vom Unterengadin zu Österreich.