Die Forschenden kehrten vor Kurzem von ihrer mehrtägigen Expedition auf dem Gletscher des Grand Combin im Wallis zurück. Im Rahmen des Ice-Memory-Projekts wollten sie bis 80 Meter tief ins Eisinnere vordringen. Aber: «Wir bekamen Schwierigkeiten, kaum dass wir den Bohrer angesetzt hatten», sagte die Expeditionsleiterin Schwikowski gemäss einer Mitteilung des Paul Scherrer Instituts (PSI).
Bereits nach einem halben Meter stiessen die Forschenden auf eine harte Eisschicht, obwohl sie dort eigentlich weichen Firn erwartet hätten. In den letzten Jahren war es wohl so warm, dass viel Schmelzwasser ins Innere des Gletschers sickerte und in der Tiefe wieder gefror.
Auf solche wechselnden Schichten aus Eis und porösem Firn trafen die Forschenden immer wieder - bei 17 Metern blieb der Bohrer beim Herausziehen erstmals stecken. «Mit viel Mühe konnten wir ihn doch noch herausfischen und stellten fest, dass da unten sogar flüssiges Wasser vorlag», sagte Schwikowski.
Doch bei 25 Metern war endgültig Schluss: Denn in den porösen, lockeren Schichten verkantete der Bohrer an der darüber liegenden kompakten Eisschicht und konnte nicht mehr herausgezogen werden. Um ihn zu befreien, setzte das Team Frostschutzmittel ein. Der Bohrkern wurde dadurch für wissenschaftliche Untersuchungen unbrauchbar.
Sie versuchten an mehrere Stellen tiefer ins Eis einzudringen - erfolglos. «Immerhin haben wir jetzt einige 17 Meter lange Eisbohrkerne, die ungefähr die letzten 15 Jahre abdecken», sagte Schwikowski. Sie würden nun analysieren, ob diese brauchbar seien. Denn Schmelzwasser kann zum einen die Struktur im Eis zerstören, sodass die Informationen zeitlich nicht mehr präzise zugeordnet werden können. Zum anderen kann das Wasser die chemischen Signaturen auswaschen.
Sollten sich die Eiskerne für die Wissenschaft als nützlich erweisen, ziehen die Forschenden vielleicht nochmals mit einem thermischen statt einem elektromechanischen Bohrer los. Wenn nicht, bleibe als Alternative in den Alpen nur noch der Grenzgletscher im Monte-Rosa-Massiv, sagte die Umweltchemikerin. Der dortige Sattel Colle Gnifetti liegt auf 4500 Metern und sollte noch wenig beeinflusst von der Schmelze sein - «zumindest war das so, als wir dort zuletzt 2015 gebohrt haben.»
Das Ziel des Ice-Memory-Projekts ist es, Eisbohrkerne aus bedrohten Gletschern in einer Schneehöhle in der Antarktis zu lagern. So möchten die Forschenden die einzigartigen Umweltarchive bewahren, aus denen sie Vulkanausbrüche, Saharastürme, Waldbrände und vergangene Klimabedingungen herauslesen können.
Das weltweite Sammeln der geplanten zwanzig Bohrkerne wird zu einem Wettlauf gegen die Zeit. Doch: «Wir können nicht einfach schneller machen», sagte Schwikowski. Zum einen seien die Umstände an vielen Gletschern etwa aufgrund der politischen Lage schwierig. Zum anderen können die zeitaufwendigen Expeditionen nur von erfahrenen Teams durchgeführt werden.
(SDA)