Die Schweiz ist Depositarstaat der Genfer Konventionen, deren Umsetzungen durch das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) geregelt werden. Am kommenden Montag werden die vier Genfer Konventionen und ihre drei Zusatzprotokolle von 1977 und 2005 ihr 70-jähriges Bestehen feiern, an Aktualität haben sie jedoch nichts eingebüsst.
Die Konventionen schützen Zivilisten und zivile Einrichtungen wie Schulen und Spitäler in bewaffneten Konflikten. Die erste und die zweite Konvention regeln den Schutz von Verwundeten und Kranken der Streitkräfte im Felde und zur See. Die dritte Konvention schützt die Kriegsgefangenen und die Vierte Zivilpersonen in Kriegszeiten. Die Genfer Konventionen wurden von allen Staaten ratifiziert.
IKRK-Präsident Peter Maurer betont, dass die Konventionen wichtiger denn je seien. Das IKRK evaluiere laufend deren Aktualität im Hinblick auf neue Technologien und das Kriegsgeschehen jenseits von physischen Kriegsschauplätzen.
Gemäss dem Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) ist es in den meisten Fällen nicht nötig, das humanitäre Völkerrecht anzupassen oder neue Regeln aufzustellen. Manchmal seien aber Klarstellungen nötig, um die Anwendung einem neuen Kontext anzupassen. Laut EDA haben die Konventionen bisher Millionen von Menschenleben in hunderten Konfliktsituationen gerettet.
Die Effizienz der weitherum anerkannten Genfer Konventionen haben dazu beigetragen, dass sie über ihre Ursprungsbestimmungen aus dem Gründerjahr 1949 hinausgehen. Denn Konflikte zwischen Nationen werden nicht länger nur zu Land, zu Wasser oder in der Luft ausgetragen, sondern auch als Cyberkriege.
So wurde 2017 zur Cybersicherheit der «Tech Accord» ins Leben gerufen, eine digitale Genfer Konvention, die von über 30 Tech-Firmen unterzeichnet wurde. Damit sollen Cyberkriminalität besser bekämpft und Menschen und Firmen auf der ganzen Welt vor staatlich geführten Cyber-Attacken geschützt werden.
Mit dem Aufkommen der Flüchtlingsströme über Meere wurde zudem eine neue Deklaration ins Leben gerufen, die den Schutz von Menschen in internationalen Zonen im Meer vorsieht, welche nicht unter die Autorität von Staaten fallen.
Die Erklärung zum Schutz der Menschenrechte auf See wurde Ende Mai in Genf unter der Ägide der Stadt Genf vom Bürgermeister unterzeichnet. Ins Leben gerufen wurde sie von der britischen NGO «Human Rights at Sea". Die Erklärung soll von Bürgermeistern in weiteren Städten unterzeichnet werden.
Das Anwendungsgebiet der Genfer Konventionen wurde im weiteren auch dazu verwendet, in Konfliktsituationen Übergangsphasen in der Gesetzgebung zu regeln. Andere Institutionen lassen sich wiederum vom Inhalt der Konventionen inspirieren, ohne deren Namen zu übernehmen.
Laut IKRK-Präsident Maurer gründet die Beliebtheit der Genfer Konventionen auf mehreren Faktoren. So seien sie eine von wenigen internationalen Vereinbarungen, die universell ratifiziert wurden, sagt er. Ohne die Genfer Konventionen wäre die internationale Situation schlimmer.
Laut Maurer haben sie auch dazu beigetragen, die internationale Bedeutung Genfs zu festigen. Auch die Schweiz hat laut EDA profitiert, der gute Ruf des Landes auf internationalem Niveau ist demnach verbunden mit ihrer humanitären Tradition.
Im Rahmen der Feierlichkeiten des 70-Jahr-Jubiläums lädt die Schweiz Staaten ein, welche die Zusatzprotokolle der Konventionen noch nicht ratifiziert haben. Zudem wird eine Fotoausstellung in Genf Frauen in Konflikten gewidmet. Auch am IKRK-Sitz werden Aktivitäten im Rahmen des Jubiläums abgehalten, so finden am 12. September Diskussionsrunden statt.
Das humanitäre Völkerrecht wird im Dezember Thema an einer Konferenz der Internationale Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung sein. Dies umfasst das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK), die Internationale Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmond-Gesellschaften (Föderation, IFRC) sowie die nationalen Rotkreuz- und Rothalbmond-Gesellschaften. Dieses Treffen findet alle vier Jahre statt.
(SDA)