Andermatt-Investor Sawiris kritisiert Pandemie-Massnahmen der Schweiz
«Milliarden von Franken für ein paar Hundert Tote weniger»

Die Corona-Zahlen flachen ab, doch die wirtschaftlichen Folgen werden erst nach und nach absehbar. Die Milliardenausfälle der Wirtschaft stünden in keinem Verhältnis zu den Opferzahlen, kritisiert Hotelier Samih Sawiris. Die Zeche müssten einfache Leute bezahlen.
Publiziert: 03.05.2020 um 02:24 Uhr
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Aktualisiert: 03.05.2020 um 14:48 Uhr
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Samih Sawiris betreibt beiden Hotels The Chedi Andermatt und Radisson Blu in Andermatt UR.
Foto: Keystone

Der ägyptische Tourismusunternehmer Samih Sawiris (63) kritisiert die Massnahmen der Schweiz gegen die Covid-19-Epidemie scharf. Sie stünden in keinem Verhältnis zu den Verlusten für die Wirtschaft: «Die Politik trägt die Folgen der Krise auf dem Rücken der einfachen Leute aus», sagt der Andermatt-Investor der «SonntagsZeitung» im Interview. «In der Schweiz gehen Milliarden von Franken verloren, damit es einige Hundert Tote weniger gibt.» Das sehe er nicht ein - es sei aber politisch nicht korrekt, solche Zweifel zu äussern: «Es heisst dann, Samih Sawiris malt den Teufel an die Wand.»

Der Unternehmer lässt kein gutes Haar an der Massnahmenpolitik des Bundesrates. Er könne «rechnen und lesen. Wenn ich mir die Statistiken anschaue, dann fällt mir auf: Der Aufwand in der Schweiz, um an Covid-19 erkrankte Menschen unter 60 Jahren zu retten, steht in keinem Verhältnis zum Schaden für die Wirtschaft.» Bislang habe es in der Schweiz unter 200 Todesfälle in dieser Altersgruppe gegeben. Die Chancen, im Lotto zu gewinnen, seien höher, als an Covid-19 zu sterben.

Die Schweiz nehme wirtschaftliche Verluste in Milliardenhöhe in Kauf, um Hunderte Menschenleben zu retten. Dabei hätte sich der Bund eine Scheibe von der Urner Regierung abschneiden können, die es «am Anfang der Krise am besten gemacht» habe: «Sie hat für Menschen über 65 einen vollständigen Lockdown verfügt. Man hätte mehr offen lassen können, unter Einhaltung von Schutzmassnahmen. Denn die Krise wird ja nicht nur wirtschaftliche Schäden auslösen, sondern auch psychische.»

Hälfte der Kleinbetriebe hat noch Geld für einen Monat

Derweil beginnt der Lockdown insbesondere Kleinbetrieben und Selbständigen besonders hart zuzusetzen. Laut einem Bericht der «NZZ am Sonntag» geht jedem vierten Kleinbetrieb bald das Geld aus. Für viele sei der Umsatz über Nacht weggebrochen. Wie hoch die finanziellen Ausfälle sind, zeigt jetzt erstmals eine repräsentative Erhebung der Universität Lausanne und der Konjunkturforschungsstelle (KOF) der ETH Zürich.

Demnach haben 30 Prozent der KMU ein liquides Vermögen von weniger als 50'000 Franken. «Von diesen Kleinbetrieben kämpfen viele bereits ums Überleben», sagt Rafael Lalive, Ökonomieprofessor der Universität Lausanne. «Jeder vierte Selbständige in dieser Kategorie kann höchstens einen Lockdown von einem weiteren Monat durchstehen. Denn der Umsatzverlust im Monat April übersteigt die Hälfte des angesparten Vermögens.»

Zudem hänge der finanzielle Verlust stark von der Branche ab. Besonders angespannt sei die Lage bei Coiffeuren, Therapeuten und Restaurants. Hier sagen rund die Hälfte der Selbständigen, dass sie nur noch eine Schliessung von einem Monat verkraften können. «Diese Krise wirkt ähnlich wie eine Lotterie», erklärt KOF-Experte Michael Siegenthaler. «Entscheidend ist das Glück oder Pech, in welchem Berufszweig man tätig ist. Wie gut oder jemand gewirtschaftet hat, wird dagegen plötzlich zweitrangig.» (kes)

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